Der zwei Jahrzehnte andauernde Trend einer stetigen Verringerung der Ungleichheiten zwischen reichen und armen Ländern hat sich zuletzt umgekehrt. Das geht aus dem UN-Bericht über die menschliche Entwicklung 2023/2024 hervor, den der Leiter des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP), Achim Steiner, und Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) am Dienstag in Berlin vorgestellt haben.
Der Anstieg des globalen Index für menschliche Entwicklung (HDI) ist demnach sehr ungleich verteilt. Nach einem starken Rückgang in den Jahren 2020 und 2021 hat der HDI im Jahr 2023 voraussichtlich einen neuen Höchststand erreicht – jedoch ist dieser Fortschritt sehr unterschiedlich verteilt. Reiche Länder verzeichneten ein Rekordniveau an menschlicher Entwicklung, während die Hälfte der ärmsten Länder der Welt unter ihrem Entwicklungsstand von vor Beginn der Pandemie bleibe, so der Bericht.
Globale Ungleichheiten würden zudem durch teils starke wirtschaftliche Konsolidierung weiter verstärkt. Wie im Bericht aufgeführt, konzentrieren sich knapp 40 Prozent des weltweiten Warenhandels auf drei oder weniger Länder; und im Jahr 2021 überstieg die Marktkapitalisierung der drei größten Technologieunternehmen der Welt das Bruttoinlandsprodukt (BIP) von mehr als 90 Prozent der Länder.
„Trotz unserer stark vernetzten globalen Gesellschaften sind wir aktuell im Rückstand“, sagte Steiner. „Wir müssen unsere gegenseitige Abhängigkeit und unsere Kapazitäten dafür nutzen, unsere gemeinsamen und existenziellen Herausforderungen zu bewältigen und sicherzustellen, dass Menschen ihre Ziele verwirklichen können.“
Der aktuelle Stillstand verursache hohes Maß an menschlichem Leid. „Das Scheitern kollektiver Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels, von Armut und Ungleichheit oder bei der Gestaltung der Digitalisierung hindert nicht nur menschliche Entwicklung, sondern verschärft auch die aktuelle politische Polarisierung“, fügte der Leiter des UN-Entwicklungsprogramms hinzu. Dies führe weltweit zu einem Verlust an Vertrauen in Menschen und Institutionen.
Schulze sagte zu dem Bericht, dass die Welt mehr Zusammenarbeit brauche. „Populistische Forderungen nach einem Rückzug ins Nationale gefährden unseren Wohlstand und unsere Sicherheit.“ Als Lösung des Problems schlug die Ministerin unter anderem eine „globale Mindeststeuer für Superreiche“ vor: Diese wäre eine „wichtige Chance für Gerechtigkeit und Entwicklung weltweit“, so die SPD-Politikerin.