Obwohl der Bundestag beschlossen hat, dass die Bundesregierung bis Ende Januar ein Konzept für bessere Angebote zur Suizidvermeidung präsentieren soll, will Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) erst bis April etwas vorlegen.
Das geht aus einer Antwort der Parlamentarischen Staatssekretärin Sabine Dittmar (SPD) an den CDU-Politiker Michael Brand hervor, über die die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet. Es sei beabsichtigt, die Strategie dem Bundestag „bis zum April 2024 vorzulegen“, so Dittmar.
Nach Vorlage der Strategie werde über die weiteren Schritte „einschließlich der Option und möglicher Inhalte einer Gesetzesinitiative zur Suizidprävention zu entscheiden sein“. In dem Bundestagsbeschluss vom Juli 2023 war vereinbart worden, dass nach Vorlage des Konzepts im Januar bis spätestens 30. Juni ein Gesetzentwurf vorliegen soll, auch diese Frist wackelt nun.
Der Antrag war damals zustande gekommen, nachdem zwei Entwürfe für einen gesetzlichen Rahmen zur Sterbehilfe keine Mehrheit gefunden hatten. 688 Abgeordnete stimmten bei einer Nein-Stimme und vier Enthaltungen für den Ausbau der Suizidvorbeugung.
In dem Antrag wurde vereinbart, dass Angebote der Suizidprävention verbessert werden sollen, um die Zahl von mehr als 9.000 Selbsttötungen im Jahr zu senken. Münden soll das in einem Gesetzentwurf, damit Menschen mit Suizidgedanken wie auch ihre Angehörigen „rund um die Uhr online und unter einer bundeseinheitlichen Telefonnummer“ einen sofortigen Kontakt mit „geschulten Ansprechpartnern“ bekommen können.
Das sei „eine klare Missachtung des Parlaments“, sagte Brand der SZ. Pro Jahr würden dreimal so viele Menschen durch einen Suizid sterben wie durch Unfälle im Straßenverkehr. „Sehr selten gab es eine so gewaltige überparteiliche Mehrheit im Bundestag, aber die Bundesregierung hält weder Fristen ein, noch nutzt sie Experten mit Erfahrung in diesem sensiblen Feld wirklich, noch antwortet sie ernsthaft auf Nachfragen.“
Die Tausenden Toten durch Suizid seien wichtiger als Cannabis, „und Herr Lauterbach sollte sich endlich, und ernsthaft, um dieses ernste Thema kümmern und vernünftige Vorschläge vorlegen, die helfen“, so Brand.
Ähnlich deutliche Kritik kommt von den Liberalen: Die FDP-Politikerin Katrin Helling-Plahr war Mitinitiatorin eines der beiden Sterbehilfe-Anträge, sie fordert eine Erklärung von Lauterbach, warum „seitens des Gesetzgebers gesetzte Fristen nicht eingehalten werden können“.
Der Deutsche Bundestag habe sich mit überwältigender Mehrheit für die Stärkung der Suizidprävention ausgesprochen und klare Vorgaben gemacht. „Verzögerungen können wir uns bei einem solch wichtigen und sensiblen Thema nicht leisten“, sagte sie der SZ.
Sie habe die eindeutige Erwartung, dass Lauterbach sowohl das überfällige Konzept schnellstmöglich als auch den darauf basierenden Gesetzentwurf fristgerecht zum 30. Juni 2024 vorlege.