Der Vorsitzende des Vereins „Gegen Vergessen – für Demokratie“, Andreas Voßkuhle, warnt vor einer Erosion von Demokratie und Rechtsstaat infolge eines Durchmarsches der AfD bei den Landtagswahlen im Osten im kommenden Jahr. „Die AfD als stärkste Fraktion in einem oder mehreren Landtagen würde die politische Landschaft Deutschlands umkrempeln: Die politischen Köpfe dieser Partei zielen auf eine grundsätzliche Systemveränderung“, sagte der Ex-Präsident des Bundesverfassungsgerichtes dem „Tagesspiegel“ (Donnerstagausgabe): „In Polen sehen wir gerade, dass der Abbau demokratischer und rechtsstaatlicher Strukturen nicht einfach rückgängig gemacht werden kann. Die Landtagswahlen 2024 müssen uns daher beunruhigen. Es wird nicht leicht, die AfD als stärkste Kraft zu verhindern.“
Im September 2024 werden die Landtage in Sachsen, Thüringen und Brandenburg neu gewählt. Voßkuhle sieht den Fortbestand der Demokratie in Deutschland für nicht gesichert. „Es kann durchaus sein, dass sich unsere westliche Demokratie nur als eine kurze Phase in der Geschichte der Menschheit erweist, ähnlich wie die attische Demokratie, und danach wieder die dunkle Zeit des Totalitarismus zurückkehrt“, sagte er: „Wer das nicht möchte, sollte sich für unsere Demokratie engagieren. Das Leben in einer Demokratie war nie ein Paradies. Aber das Leben in totalitären Regimen war und ist in vielfältiger Hinsicht deutlich schlechter.“
Wähler der AfD dürfte nicht automatisch als rechtsextrem stigmatisiert werden, verlangte Voßkuhle: „Die Wähler der AfD sind längst nicht alle Rechtsextreme und Antisemiten. Sicher, viele sind anfällig für Verschwörungstheorien und populistische Parolen, das sind aber keine neuen Phänomene; beides gibt es seit Jahrhunderten. Ich halte nichts von Lager-Theorien: Hier stehen die Wähler der AfD, dort sind die anderen. Es ist vielfältiger, komplizierter, verwobener.“
Es gebe nicht `den` AfD-Wähler. Mancher Wähler wolle dem Establishment einen Denkzettel verpassen.
AfD in Umfragen stärker werdend
In den letzten Monaten konnte die AfD bundesweit Stimmen hinzugewinnen, während sämtliche anderen Parteien Stimmen abgeben mussten oder stagnierende Entwicklung zeigten.
Bei der aktuellen Sonntagsfrage von INSA (28.12.2023) wurden folgende Umfragewerte ermittelt (In Klammer: Werte Bundestagswahl 26.09.2021):
- 32 % CDU (24,1 %)
- 23 % AfD (10,3 %)
- 15 % SPD (25,7 %)
- 12 % Grüne (14,8 %)
- 5 % FDP (11,5 %)
- 4 % Die LINKE (4,9 %)
- 3 % Freie Wähler (2,4 %)
- 6 % Sonstige (6,3 %)
Der Aufschwung der AfD – die Umfragewerte haben sich mittlerweile mehr als verdoppelt, bestätigt damit die Aussagen von Voßkuhle. SPD-Generalsekretär Klingbeil zeigt sich besorgt. Man müsse hart dafür arbeiten, dass die AfD „kleiner werde“. „Das geht am besten, wenn wir die uns gestellten Aufgaben lösen und die Alltagssorgen der Menschen ernst nehmen.“ Das reiche von bezahlbarer Energie bis hin zu guter Kita-Betreuung und guter Pflege.
Klingbeil abschließend: „Wenn mir Bürger am Infostand aber sagen, sie würden jetzt AfD wählen, weil sie sauer auf die demokratischen Parteien seien, sind sie nicht gleich rechts.“ Diese enttäuschten Bürger wolle man politisch zurückgewinnen.