Weber fordert Neuausrichtung der Flüchtlingspolitik

Der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber, fordert einen grundlegenden Kurswechsel in der Flüchtlingspolitik.

„Die EU-Staaten schlafwandeln in eine neue, große Migrationskrise hinein“, sagte der stellvertretende CSU-Vorsitzende den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Sonntagausgaben). „Die Kommunen ächzen, die Aufnahmekapazitäten für Migranten über die Mittelmeerrouten sind ausgereizt.“

Vor dem EU-Sondergipfel zur Migration im Februar schlug Weber einen Drei-Punkte-Plan vor, der Zäune an den Außengrenzen, Asylanträge außerhalb der EU und eine Neuauflage der europäischen Seenotrettung vorsieht. „Zäune sind immer das letzte Mittel, aber wir brauchen sie überall dort, wo Schlepperbanden erfolgreich versuchen, europäisches Recht zu umgehen“, sagte Weber. „Wenn es technisch nicht anders möglich ist, illegale Migration zu verhindern, dann müssen Zäune denkbar sein.“ Als Beispiele nannte er die EU-Ostgrenze, die Mittelmeer-Region und die Grenze Bulgariens und Griechenlands zur Türkei. „Keiner baut dort, wo es an den Landgrenzen Sinn ergibt, gern Barrieren, aber wo es notwendig ist, muss es auch gemacht werden“, forderte der EVP-Chef. Die EU-Kommission müsse den Widerstand aufgeben, dafür EU-Geld bereitzustellen. Zweitens dringt Weber auf „substanzielle Änderungen bei den Asylverfahren“, die nicht zwingend in der Europäischen Union stattfinden müssten. „An den EU-Außengrenzen muss es wenigstens einen Schnellcheck geben, wer Aussicht auf Asyl hat. Und wenn Migranten aus Drittstaaten wie der Türkei einreisen, in denen sie sicher sind, dann könnten die ersten Verfahrensschritte auch dort auf fremdem Staatsgebiet stattfinden“, sagte er. „Man könnte zum Beispiel in Tunesien oder Ägypten EU-Büros eröffnen, in dem Menschen aus Afrika Asyl in Europa beantragen können.“ Als dritten Punkt nannte Weber die Seenotrettung. „Jeder von uns respektiert und wertschätzt das Engagement der Zivilgesellschaft, aber Seenotrettung ist auch im Mittelmeer eine hoheitliche Aufgabe des Staates“, sagte er.

„Wir müssen deshalb die Neuauflage einer EU-Mission im Mittelmeer prüfen.“ Er verstehe nicht, warum Deutschland mit Steuergeldern zivile Hilfsorganisationen bei der Seenotrettung unterstütze, aber nicht bereit sei, dafür eigene Beamte gemeinsam etwa mit den italienischen Kräften einzusetzen. „Wir wollen Leben retten, aber wir dürfen das nicht privatisieren“, sagte Weber. Der Moment sei günstig, den gordischen Knoten in der europäischen Migrationspolitik zu durchschlagen, sagte der stellvertretende CSU-Vorsitzende.

„Wenn der Gipfel Antworten auf die kritischen Fragen gibt und so ein positives Momentum erzeugt, dann haben wir alle Chancen, die Herausforderung zu lösen“, sagte der CSU-Vize. Jetzt müssten alle Regierungschefs liefern, Deutschland und Österreich als wichtige Aufnahmeländer eingeschlossen, verlangte Weber. „Das wäre auch mit Blick auf die Europawahl 2024 wichtig, um rechten Agitatoren die Munition zu nehmen.“ Die Zahl der Asylanträge in der EU war 2022 um rund die Hälfte angestiegen, bis Ende November wurden knapp 790.000 Anträge registriert.

Nach Angaben der europäischen Grenzschutzbehörde Frontex sind 2022 mindestens 330.000 Menschen irregulär in die EU eingereist – ein Anstieg um zwei Drittel im Vergleich zum Vorjahr und so viele wie in keinem Jahr seit 2016. Die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten wollen bei einem Sondergipfel am 9. und 10. Februar über den Umgang mit unerwünschter Migration beraten.




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