Widerstand gegen Kanzleramts-Ausbau wächst

Auch in der Ampelkoalition wächst der Widerstand gegen den mindestens 777 Millionen Euro teuren Ausbau des Bundeskanzleramts.

„Bundeskanzler Scholz sollte den umfangreichen und teuren Ausbau des Bundeskanzleramtes krisenbedingt auf Eis legen“, sagte die Vorsitzende des Bauausschusses im Deutschen Bundestag, Sandra Weeser (FDP), der „Süddeutschen Zeitung“ (Wochenendausgabe). „Wir befinden uns in wirtschaftlichen Krisenzeiten. Das bekommen die Menschen täglich in unserem Land zu spüren, wo zuletzt viele Wohnträume aufgrund gestiegener Kosten geplatzt sind“, sagte die FDP-Politikerin.

„Deshalb halte ich es für besonders wichtig, dass die Regierung mit gutem Beispiel vorangeht und prüft, welche Ausgaben derzeit wirklich notwendig sind.“ Verbunden durch eine Brücke soll auf der anderen Seite der Spree ein großer Erweiterungsbau errichtet werden, die Planungen gehen noch auf die Amtszeit von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zurück. Angesichts der aktuellen Lage wächst kurz vor Baubeginn in der Koalition der Unmut darüber, dass Kanzler Olaf Scholz (SPD) das Projekt in vollem Umfang durchziehen will. Zuletzt hatte es immer weitere Preissteigerungen gegeben, zunächst war der Bau mit 600 Millionen Euro veranschlagt worden. In Fachkreisen wird gewarnt, dass die Kosten am Ende wegen gestiegener Zinsen und Baukosten auf über eine Milliarde Euro steigen könnten. „Grundsätzlich sollten wir darüber nachdenken, ob die in den letzten Jahren gewachsenen Doppelstrukturen zwischen Ministerien und Bundeskanzleramt für die Zukunft der richtige Aufbau sind“, so Weeser. „Der Vorsatz von Bürokratieabbau in Deutschland sollte auch hier Vorbildfunktion haben. Das Kanzleramt sollte wieder zu seinen schlanken und schlagkräftigen Strukturen der Vor-Merkel-Zeit zurückfinden.“ Allerdings hatten sich die Koalitionäre schon im Herbst darauf geeinigt, dass der Ausbau forciert angegangen werden soll – auch weil bei weiteren Verzögerungen weitere Kostensteigerungen befürchtet werden. Der Neubau wird deutlich teurer als das eigentliche Kanzleramtsgebäude, das 2001 vom damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) bezogen wurde. Dieser Bau kostete der Regierung zufolge, hochgerechnet auf den Preisstand von 2022, etwa 540 Millionen Euro. Mit dem Erweiterungsbau sollen Hunderte neue Büros entstehen, rund ein Drittel der Beschäftigten des Kanzleramtes ist bisher extern untergebracht. Der Bau soll auf der anderen Spree-Seite im bisherigen Kanzlergarten entstehen und das „Band des Bundes“ abschließen. In Kürze soll mit dem Fällen von Bäumen begonnen werden. Auch eine Kindertagesstätte und ein Hubschrauberlandeplatz sind geplant, zudem ein abhörsicheres Gebäude für Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes. Bis zum Jahr 2028 soll das bogenförmige Gebäude fertig sein. Das Kanzleramt hat inzwischen rund 770 Mitarbeiter, das Kanzleramt war aber ursprünglich nur auf 400 Mitarbeiter ausgelegt. Auch in der Union gibt es wachsende Kritik. „Die Entscheidung zum Ausbau des Bundeskanzleramtes war ursprünglich richtig. Heute sind wir aber in einer völlig anderen Lage“, sagte der baupolitische Sprecher der Unions-Fraktion im Bundestag, Jan-Marco Luczak (CDU).

„In einer Zeit, wo viele Menschen und Unternehmen unter Energiepreisen und Inflation ächzen und oftmals um ihre Existenz fürchten müssen, wäre eine prachtvolle Erweiterung für bald eine Milliarde Euro ein völlig verfehltes politisches Signal.“ Es sei weitaus sinnvoller, das Geld für den Wohnungsbau zu nutzen.




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