Die Vorsitzende der Wirtschaftsweisen, Monika Schnitzer, hat die Haushaltspolitik von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) scharf kritisiert. Angesichts der Konjunkturschwäche könne sie „nur davor warnen, Staatsausgaben zurückzudrängen, wo sie dringend notwendig wären: Infrastruktur, Ausbau der Energienetze, Digitalisierung, Verteidigung“, sagte die Münchener Ökonomieprofessorin den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Donnerstagausgaben). „In dieser Lage einen so rigiden Sparkurs zu fahren, wie Finanzminister Lindner das tut, ist keine gute Idee.“
Stattdessen dringt Schnitzer auf eine Lockerung der Schuldenbremse, die restriktiver sei als nötig. „Man könnte also guten Gewissens das Grundgesetz ändern und den Spielraum etwas erhöhen, ohne unsere Kreditwürdigkeit zu gefährden“, sagte sie. Es müsse aber sichergestellt werden, „dass man die Spielräume wirklich für Zukunftsinvestitionen nutzt – und nicht etwa dafür, um beispielsweise notwendige Rentenreformen zu unterlassen“.
Schnitzer kritisierte auch Lindners Forderung nach weiteren Steuersenkungen. „Jetzt muss es erstmal um Themen wie Infrastruktur, Energiewende, Bildung, Verteidigung und Ukraine-Hilfen gehen. Mir fehlt die Fantasie, wo kurzfristig der Spielraum für Steuersenkungen herkommen soll“, sagte sie. „Wenn Unternehmen ihre Gewinne im Ausland investieren, müssen wir das nicht durch Steuersenkungen unterstützen. Maßnahmen, die Investitionen in Deutschland fördern, wären deshalb sinnvoller.“ Dabei denke sie an Abschreibungsregeln.
Zugleich warnte die Wirtschaftsweise vor den Folgen möglicher Wahlerfolge der AfD. „Jeder Erfolg der AfD verringert die Attraktivität des Standorts Deutschland für Investoren“, sagte sie. „Unternehmen wissen, dass es schwieriger wird, Arbeitskräfte aus dem Ausland zu finden, wenn diese sich bei uns nicht willkommen und sicher fühlen. Dann gehen Investoren dieses Risiko gar nicht erst ein.“