Ein Sprecher des Arbeitsministeriums von Karl-Josef Laumann (CDU) sagte der „Rheinischen Post“ (Montagsausgabe), in NRW seien im September 2022 insgesamt 723.874 Personen im Nebenjob geringfügig beschäftigt, zehn Jahre zuvor habe die Zahl noch bei 516.545 gelegen. Bei den Mehrfachjobbern handelt es sich in der Mehrheit um Fachkräfte: 437.636 von ihnen hatten eine abgeschlossene Berufsausbildung.
Die Opposition zeigte sich alarmiert: „Wer arbeitet, darf nicht von Armut bedroht sein, wer einen Vollzeitjob hat, muss davon ohne Existenzsorgen mit einer Familie leben können, so einfach ist das“, sagte SPD-Fraktionschef Jochen Ott. „Dass es anders aussieht, ist ein Versäumnis vieler, vieler Jahre.“ Niedriglohnbeschäftigung sei in vielen Fällen auch reguläre sozialversicherungspflichtige Beschäftigung, betonte Laumanns Sprecher. Sie werde lediglich dadurch beschrieben, dass ein Arbeitnehmer weniger als zwei Drittel des mittleren Lohns erhalte.
„Ziel muss es sein, den Niedriglohnsektor weiter einzudämmen, hierfür sind die Stärkung der Tarifbindung und die Qualifizierung der Beschäftigten wichtige Schritte, dies ist der beste Weg zu flächendeckend existenzsichernden Löhnen.“ Die Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro im vergangenen Oktober sei ein erster wichtiger Schritt gewesen. Oppositionsführer Ott zufolge profitieren von der Erhöhung allein in NRW 1,3 Millionen Menschen. „Dadurch sinkt glücklicherweise die Zahl der Menschen, die aufstocken müssen. Dennoch dürfen wir uns jetzt nicht ausruhen.“
Die Zahl derer, die neben dem Job auf Sozialleistungen angewiesen seien, sei weiterhin zu hoch. „Viel zu viele brauchen zudem zwei Jobs, um über die Runden zu kommen. Das hat Gründe, die wir angehen müssen“, verlangte er und kritisierte die rückläufige Tarifbindung.
„Die Forderung nach allgemein verbindlichen Tarifverträgen unterstützen wir.“ Zugleich forderte er, Familien bei den Bildungskosten zu entlasten. „Bildung und alles, was damit zusammenhängt, ist einfach zu teuer in unserem Land: Noch immer sind Kitas bei uns in NRW nicht gebührenfrei, noch immer gibt es kein kostenloses Mittagessen.“ Das alles wäre echte Unterstützung für Familien, aber von Schwarz-Grün komme da bisher nichts, so Ott.
Auch die Kindergrundsicherung müsse endlich in trockene Tücher: „Wenn der Staat für Kinder kein Geld übrig hat, dann leben wir in einer sehr armen Gesellschaft, dann müssen wir uns das Geld von denen holen, die davon im massenhaften Überschuss viel zu viel haben.“ An der Besteuerung sehr hoher Vermögen führe daher kein Weg mehr vorbei.