ZEW: Verbesserung des Steuerstandorts würde viel Geld kosten

Bund und Länder müssen sich auf Einnahmeausfälle in mittlerer zweistelliger Milliardenhöhe einstellen, wenn sie die Steuerbelastung der Unternehmen in Deutschland wieder auf ein international wettbewerbsfähiges Niveau bringen wollen. Das ergibt sich aus Berechnungen des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), über die die "Süddeutsche Zeitung" berichtet.

Bund und Länder müssen sich auf Einnahmeausfälle in mittlerer zweistelliger Milliardenhöhe einstellen, wenn sie die Steuerbelastung der Unternehmen in Deutschland wieder auf ein international wettbewerbsfähiges Niveau bringen wollen.

Das ergibt sich aus Berechnungen des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), über die die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet. Demnach sind die derzeit diskutierten Reformüberlegungen nur sehr bedingt geeignet, das Problem zu lösen und die Firmen zu mehr Investitionen in die Modernisierung des Landes zu bewegen.

Hintergrund ist, dass hierzulande tätige Unternehmen auf ein rentables Investitionsprojekt bei Berücksichtigung aller Vergünstigungen und Abschreibungsmöglichkeiten im Schnitt 28,5 Prozent Steuern zahlen. Das sind fast zehn Prozentpunkte mehr als im EU-Mittel. Schlimmer noch: Unter den 35 westlichen Industriestaaten, die im jährlich erstellten sogenannten Mannheim-Tax-Index des ZEW Berücksichtigung finden, ist die Bundesrepublik über die Jahre immer weiter abgerutscht und liegt mittlerweile auf dem 33. Rang, dem drittletzten also. Nur Spanien und Japan bürden den dort tätigen in- und ausländischen Betrieben eine noch höhere effektive Steuerlast auf.

Seit Wochen unterbreiten Spitzenpolitiker der Ampelkoalition wie der CDU/CSU-Opposition deshalb Steuersenkungsvorschläge, mit denen sich Deutschland im ZEW-Ranking nach oben arbeiten und seine Attraktivität als Investitionsstandort erhöhen könnte. Im Entwurf des Wachstumschancengesetzes der Ampel etwa wird unter anderem die Wiedereinführung der sogenannten degressiven Afa vorgeschlagen – Firmen könnten Maschinen, Fahrzeuge und Waren damit schneller steuermindernd abschreiben, als das bisher möglich ist.

Manche Experten fordern gar eine komplette Sofortabschreibung für klimafreundliche Investitionen. Darüber hinaus wird eine Abschaffung des Solidaritätszuschlags für Betriebe sowie eine Absenkung der Gewinnsteuern für Unternehmen von derzeit nominal gut 31 auf 25 Prozent diskutiert.

Das ZEW hat nun erstmals berechnet, welche Reformidee sich wie auf die Position Deutschlands im globalen Steuerwettbewerb auswirken würde. Demnach würde sowohl die Rückkehr zur degressiven Afa als auch das Soli-Aus die effektive Steuerlast der Betriebe kaum senken: von 28,5 auf 28,3 Prozent im ersten und auf 27,8 Prozent im zweiten Fall. Etwas mehr brächte eine hundertprozentige „Superabschreibung“ nach dem Vorbild Großbritanniens: Sie verringerte die effektive Steuerlast auf 27,4 Prozent, wodurch Deutschland im ZEW-Ranking immerhin knapp an den USA vorbeizöge.

Den größten Nutzen – und auch die größte internationale Signalwirkung – versprächen jedoch Senkungen der Körperschaft-, Einkommen- oder Gewerbesteuersätze mit dem Ziel, die nominale Zahlungsverpflichtung der Betriebe von gut 31 auf 25 Prozent zu verringern. Effektiv, also unter Berücksichtigung von Steuersparmöglichkeiten, ergäbe sich damit eine Durchschnittsbelastung von 23,5 Prozent – statt am Ende läge Deutschland plötzlich im Mittelfeld der westeuropäischen Investitionsstandorte. Fiele auch noch der Solidaritätszuschlag weg und würde zudem die Superabschreibung eingeführt, ginge der Satz den ZEW-Berechnungen zufolge gar auf 22,1 Prozent zurück.

Allerdings wäre eine solche Reform mit massiven Einnahmeverlusten für den Staat verbunden. Das gilt vor allem für echte Steuersatzsenkungen, die zu Ausfällen in mittlerer zweistelliger Milliardenhöhe führen und sich allenfalls zum Teil durch mehr Wirtschaftswachstum refinanzieren würden. „Insgesamt bleibt festzuhalten“, so Katharina Nicolay, Vizechefin des ZEW- Forschungsbereichs Unternehmensbesteuerung und öffentliche Finanzwirtschaft, „dass eine deutliche Verbesserung der steuerlichen Standortattraktivität ohne erhebliche kurzfristige Steuermindereinnahmen nicht möglich ist“.




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