„Das Feindbild LGBTQI+ weckt Emotionen, mobilisiert und soll zur Rückbesinnung auf eine eigene, `islamisch` konstruierte Identität in Abgrenzung zur als `verkommen` diffamierten liberalen, westlichen Gesellschaft dienen“, teilte das Bundesamt auf Anfrage des ARD-Magazins „Report Mainz“ mit. Die Gruppierungen verurteilten queere Menschen unter anderem als „krank“ oder „widernatürlich“.
Dies verstoße gegen die Menschenwürde und richte sich gegen „die freiheitliche demokratische Grundordnung“, so die Behörde. Dazu gehöre unter anderem eine Gruppe, die der sogenannten „Befreiungspartei“ nahestehe. Diese war 2003 in Deutschland offiziell als islamistisch-extremistische Organisation verboten worden. Die Gruppe wurde nach Behördenangaben vor drei Jahren gegründet und wird in Berichten mehrerer Verfassungsschutzämter als islamistisch eingestuft. Sie betreibt unter anderem einen Kanal auf Tiktok und hat dort mehr als 90.000 Follower. In einem veröffentlichten Internetvideo heiße es etwa: „Das Ausleben von LGBTQ im Islam“ sei nicht erlaubt und werde es „niemals sein“. Denn der Islam ordne sich „dem Liberalismus nicht unter“, nichts werde die „Gesetze Allahs verändern“. Die Politikwissenschaftlerin Gülden Hennemann, die im bayerischen Justizvollzug eine Einheit zur Extremismusbekämpfung leitet, sagte dazu: „Das ist eine sehr klare Aussage und sehr antidemokratisch.“ Wer solche Aussagen tätige, unabhängig von der Frage, ob mit Gewalt oder ohne Gewalt, „ist für mich eindeutig gegen unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung und passt tatsächlich auch nicht in unsere Gesellschaft“, fügte sie hinzu. Auf Anfrage der ARD zu den konkreten Vorwürfen verwies die Gruppe lediglich auf ein allgemeines Positionspapier. Dort heißt es unter anderem: „All unsere Ideen und Wertvorstellungen entspringen unserer islamischen Weltanschauung und sind unverhandelbar.“ Der FDP-Bundestagsabgeordnete Konstantin Kuhle fordert unterdessen eine stärkere innermuslimische Diskussion. Dies sei auch vor dem Hintergrund einzelner Gewalttaten durch Muslime, wie etwa den Angriff auf ein schwules Ehepaar in Dresden 2020, bei dem ein Mann starb, wichtig. Moscheegemeinden und auch die muslimischen Verbände in Deutschland seien dazu aufgerufen, „Homophobie, Transfeindlichkeit und andere Merkmale gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit aktiv zu bekämpfen“. Man werde es nicht schaffen, gegen Homophobie aus muslimischen Milieus vorzugehen, indem „Nichtmuslime Muslimen erzählen, wie schlimm Homophobie ist“, sagte Kuhle. Die ARD hat zu dieser Thematik alle muslimischen Verbände in Deutschland befragt, die aktuell oder künftig mit einzelnen Landesregierungen an der Gestaltung eines bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterrichts an Schulen mitwirken.
Den Recherchen zufolge handelt es sich um 23 Verbände in sieben Bundesländern. Auf die Frage, ob diese Verbände Projekte gegen Homo- und Transfeindlichkeit anbieten oder planen und ob Themen wie sexuelle Vielfalt im Unterricht diskutiert werden sollen, haben lediglich zwei Verbände in Nordrhein-Westfalen geantwortet. Diese wollen die Akzeptanz „gemischtgeschlechtlicher Ehen“ und die Ablehnung gleichgeschlechtlicher Ehen vermitteln. Jedoch wolle man abweichenden Neigungen „nicht feindselig begegnen“.