Die Zahl bewege sich damit insgesamt auf dem Niveau der Vorjahre, teilte die Expertenorganisation am Donnerstag mit. In jedem vierten Fall (3.221 Fälle) wurde demnach ein Fehler mit Schaden bestätigt; in jedem fünften Fall (2.696 Fälle) war der Fehler Ursache für den erlittenen Schaden – nur dann haben Patienten Aussicht auf Schadensersatz.
„Die Begutachtungszahlen zeigen nur einen sehr kleinen Ausschnitt des tatsächlichen Geschehens“, sagte Stefan Gronemeyer, Vorstandvorsitzender des Medizinischen Dienstes Bund. „Aus wissenschaftlichen Untersuchungen ist vielfach belegt, dass die Dunkelziffer deutlich höher liegt: Experten gehen davon aus, dass etwa ein Prozent der Krankenhausfälle von Behandlungsfehlern betroffen ist.“ Nur etwa drei Prozent aller unerwünschten Ereignisse würden nachverfolgt. In der aktuellen Jahresstatistik bezogen sich zwei Drittel aller erhobenen Behandlungsfehlervorwürfe auf Leistungen in der stationären Versorgung, zumeist in Krankenhäusern (8.827 Fälle). Ein Drittel bezog sich auf Arztpraxen (4.208 Fälle). „Die meisten Vorwürfe beziehen sich auf operative Eingriffe“, sagte Christine Adolph, stellvertretende Vorstandsvorsitzende und leitende Ärztin des Medizinischen Dienstes Bayern. „Da diese häufig im Krankenhaus erfolgen, werden sie dem stationären Sektor zugeordnet.“ 30,3 Prozent aller Vorwürfe (3.960 Fälle) betrafen die Orthopädie und Unfallchirurgie, 12,2 Prozent die Innere Medizin und Allgemeinmedizin (1.599 Fälle), jeweils knapp neun Prozent die Frauenheilkunde und Geburtshilfe (1.143 Fälle) sowie die Allgemein- und Viszeralchirurgie (1.133 Fälle). Ebenfalls knapp acht Prozent entfielen auf die Zahnmedizin (1.006 Fälle) und über sechs Prozent auf die Pflege (834 Fälle).
26 Prozent bezogen sich auf 29 weitere Fachgebiete. In der Jahresstatistik 2022 sind Verdachtsfälle zu insgesamt 1.019 unterschiedlichen Diagnosen erfasst. Die Vorwürfe betreffen fehlerhafte Behandlungen bei Hüft- und Kniegelenksverschleiß, Knochenbrüchen, Durchblutungsstörungen am Herzen, Gallensteinen oder Zahnerkrankungen. Bei knapp zwei Drittel (60,5 Prozent) der begutachteten Fälle waren die Gesundheitsschäden der Patienten vorübergehend − eine Intervention oder ein Krankenhausaufenthalt waren notwendig.
Die Patienten sind jedoch vollständig genesen. Bei über einem Drittel der Betroffenen (35 Prozent) wurde ein Dauerschaden verursacht. Die Medizinischen Dienste unterscheiden zwischen leichten, mittleren und schweren Schäden. Ein leichter Dauerschaden kann eine geringe Bewegungseinschränkung oder eine Narbe sein.
Ein mittlerer Dauerschaden kann eine chronische Schmerzsymptomatik, eine erhebliche Bewegungseinschränkung oder die Störung einer Organfunktion sein. Ein schwerer Dauerschaden liegt vor, wenn Geschädigte pflegebedürftig geworden sind oder sie aufgrund eines Fehlers erblinden oder dauerhafte Lähmungen erleiden. In drei Prozent der Fälle (84) hat ein Fehler zum Versterben geführt oder wesentlich dazu beigetragen.