Trotz der vereinbarten 35-Stunden-Woche mit der Lokführergewerkschaft GDL erwartet der Personalvorstand der Deutschen Bahn, Martin Seiler, in Zukunft keinen Engpass bei Lokführern im Konzern. Der Bahn-Konzern gehe davon aus, dass es ebenso viel Mitarbeiter geben werde, die mehr arbeiten wollen wie die, die weniger arbeiten wollen, sagte Seiler dem Wirtschaftsmagazin Capital.
„Es wird sich die Waage halten“, so der Personalchef. „Damit haben wir dann die Kapazität im Griff.“ Seilers Optimismus gründet auf den Erfahrungen mit dem erprobten Urlaubsmodell, bei dem Bahn-Mitarbeiter zwischen null, sechs oder zwölf zusätzlichen Urlaubstagen wählen können – bei entsprechenden Lohnabschlägen. Die drei Wahloptionen würden von den Mitarbeitern zu gleichen Teilen genutzt.
DB und GDL hatten sich kurz vor Ostern nach monatelangem Streit und zahlreichen Streiks auf ein Optionsmodell bei den Arbeitszeiten geeinigt. Die DB muss nun bis 2029 den Arbeitszeitrahmen in mindestens 18 Betrieben auf 35 bis 40 Stunden ausweiten. Dabei gilt: Wer mehr arbeitet, verdient auch mehr.
Seiler sieht in dem Kompromiss ein Modell für die Zukunft: „Solche flexiblen Modelle wollen wir auch in anderen Bereichen stärken.“ Es sei wichtig, dass „die Menschen flexibler arbeiten können“. Mithilfe von Apps gelinge es der DB bereits, dass 90 Prozent der Zugbegleiter so arbeiten, wie es für sie am besten passt. Arbeitszeiten nach Wunsch seien wichtig in einem Konzern, bei dem etwa 80 Prozent der Bahn-Mitarbeitenden „draußen“ arbeiten, im Schichtdienst, im Bahnhof, im Zug, im Gleis.
Seiler, der für rund 340.000 Beschäftigte verantwortlich ist, stellte klar, dass die Bahn trotz ihres schlechten Rufs ein begehrter Arbeitgeber sei. Bis zu einer halben Million bewerben sich jedes Jahr bei dem Unternehmen im Staatseigentum. Während andere Unternehmen den Fachkräftemangel beklagen, werde die Bahn fast überrannt: „Nicht ein Ausbildungsplatz blieb bei uns 2023 unbesetzt“, sagte Seiler. 6.000 junge Menschen haben im zurückliegenden Jahre ihre Karriere dort gestartet.
Das Erfolgsgeheimnis: Bei ihrer Suche fange die DB auch diejenigen auf, die andernorts scheitern, setze auf Quereinsteiger oder Berufsumsteiger. Zudem stelle sie Jugendliche ein, die nicht ausbildungsreif seien, integriere Geflüchtete und aktiviere Langzeitarbeitslose. Allerdings müsse die DB ihren Personalbedarf bis 2028 auch deutlich reduzieren, so Seiler. „Das wollen wir nicht über Kündigungen oder Abfindungsprogramme regeln. „Wir nutzen die Fluktuation und unseren internen Arbeitsmarkt. Klar ist: An einer Stelle braucht es weniger Leute, an anderer mehr.