„Die Übernahme von Credit Suisse durch UBS macht mir große Sorge, weil es eine derart große Super-Bank schafft, dass sie einen ganzen Staat in Schieflage bringen kann“, sagte Institutschef Marcel Fratzscher der „Welt“ (Dienstagausgabe). Er äußerte zudem Zweifel, dass Banken innerhalb der Europäische Union besser auf die aktuelle Krise vorbereitet sind als Institute in der Schweiz oder auch in den USA.
„Es kann sein, dass wir Glück haben, aber für wahrscheinlich halte ich das nicht. Denn es ist ja nicht so, dass wir eine komplett andere Regulierung in der Eurozone haben“, sagte er. Und stark steigende Zinsen gebe es in der Eurozone bekanntlich auch. Grundsätzlich hält Fratzscher staatliche Rettungsaktionen weiterhin für unvermeidlich.
„Es war und ist eine Illusion, dass der Steuerzahler nicht für zusammenbrechende Banken zahlen muss“, sagte er. Das liege schlicht an der Bedeutung von Banken für eine Volkswirtschaft. Es könne eine Volkswirtschaft ohne Automobilwirtschaft oder Chemieindustrie geben, aber nicht ohne ein leistungsfähiges Finanzsystem. „Deshalb werden Regierungen immer wieder gezwungen sein, zumindest die großen Banken mit Steuergeld zu retten“, sagte Fratzscher.
Die Leitzinserhöhung der EZB in der Vorwoche war aus Fratzschers Sicht wenig hilfreich. „Der jüngste Zinsanstieg der Europäischen Zentralbank war im besten Fall ein großes Risiko, im schlimmsten Fall ein schwerwiegender Fehler“, sagte er. Damit habe man gesagt, dass Preisstabilität Vorrang vor Finanzstabilität habe. „Das halte ich für die falsche Reihenfolge. Wenn es jetzt wirklich zu einer Bankenkrise kommt, rasseln wir in eine tiefe Rezession – und die EZB verfehlt ihr Ziel der Preisstabilität noch länger.“
Er geht davon aus, dass sich die US-Notenbank am Mittwoch anders verhält. „Ich erwarte, dass die US-Notenbank diese Woche erst einmal eine Pause bei den Zinssteigerungen einlegt“, sagte er. Strengere Eigenkapitalvorschriften, mehr Transparenz und eine einheitliche Aufsicht reichen laut Fratzscher nicht, um zumindest die Wahrscheinlichkeit künftiger Bank-Runs zu senken.
„Es geht darum, dass man ökonomisch kluge Anreize setzt, damit das Management einer Bank keine Risiken eingeht, die am Ende Steuerzahlergeld kosten können“, sagte er. Das fange bei der Entlohnung an. „Die Gehälter in der Bankenbranche sind jenseits von Gut und Böse. Wir sprechen von Angestellten, die in guten Zeiten hohe Boni kassieren, in schlechten Zeiten immer noch ein üppiges Festgehalt bekommen“, sagte Fratzscher.