Die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, verteidigt die erste Zinssenkung seit fast fünf Jahren gegen Kritik, dämpft aber Erwartungen an eine schnelle Zinswende. „Wir erklären den Kampf noch nicht für gewonnen“, sagte Lagarde dem „Handelsblatt“ (Dienstagsausgabe).
Die EZB hat vorige Woche die Zinswende begonnen, was offenbar auch intern für Diskussionen sorgte. EZB-Chefin Lagarde räumte ein, es gebe „einige aktuelle Zahlen, die hätten besser sein können“. Dennoch verteidigte sie die Zinssenkung als angemessen, „was aber nicht bedeutet, dass die Zinsen sich jetzt linear nach unten bewegen.“ Lagarde stellt auf eine Zinswende mit Unterbrechungen ein: „Es könnte auch wieder Phasen geben, in denen wir die Zinsen unverändert belassen.“
Zu den wirtschaftlichen Aussichten sagte Lagarde: „Die Wachstumsaussichten haben sich verbessert.“ Ihre Sorge gelte „der tatsächlichen Umsetzung und Einhaltung der EU-Fiskalregeln, die unter großen Mühen vereinbart wurden“. Zugleich wolle sie „darauf hinweisen, dass auch in Deutschland erheblicher Investitionsbedarf besteht.“
Zum digitalen Euro sagte Lagarde, dass sich „die Einführung beschleunigen“ müsste, falls dies noch während ihrer Amtszeit bis Oktober 2027 geschehen solle. Durch das Erstarken euroskeptischer Kräfte bei der Europawahl könnte sich allerdings das notwendige EU-Gesetz verzögern. Dessen ungeachtet fordert Lagarde mehr Einsatz für den digitalen Euro: „Wir arbeiten mit Hochdruck an den technischen Vorbereitungen, aber ohne den rechtlichen Rahmen kommen wir nicht zum Zuge.“