Bereits bis Ende der Abgabefrist am 31. Januar lagen allein den Finanzbehörden in NRW insgesamt rund 187.000 Einsprüche gegen bis dahin ergangene Bescheide vor. Das berichtet die „Westdeutsche Allgemeine Zeitung“ (WAZ) in ihrer Donnerstagsausgabe.
Wie aus einer Antwort des NRW-Finanzministeriums auf eine Anfrage der FDP-Landtagsfraktion hervorgeht, beziehen sich 124.000 der Einsprüche auf die Wertfeststellung der Immobilie, weitere 63.000 Einsprüche richten sich gegen den von den Finanzämtern festgelegten Steuermessbetrag. Neben den kommunalen Hebesätzen sind beide Werte entscheidende Hebel für die tatsächliche Höhe der Grundsteuer, die ab 2025 entrichtet werden muss. Fachleute rechnen angesichts der verzögerten Bearbeitung von Millionen Grundsteueranträgen mit einer Vervielfachung der Einsprüche und einer weiteren Überlastung der Finanzämter, zumal Verbraucherschützer und Eigentümerverbände Grundbesitzer derzeit gezielt dazu raten, formell Einspruch gegen die Bescheide einzulegen. Hintergrund sind weitverbreitete Zweifel an der Rechtssicherheit der Berechnungsmethoden. Klagen sind bereits angekündigt. Sollten Gerichte die Verfassungswidrigkeit der Bewertungsregeln feststellen, würden davon nach derzeitiger Rechtslage allerdings nur Eigentümer profitieren, die ihre Bescheide zuvor angefochten haben. Eine Allianz aus Bund der Steuerzahler, Steuer-Gewerkschaft, Haus & Grund, Verband Wohneigentum und Steuerberaterverbänden pocht schon seit Wochen darauf, dass Finanzämter die Bescheide grundsätzlich nur vorläufig erlassen. Nur so könne eine Einspruchswelle verhindert werden. Auch die oppositionelle Landtags-FDP erhöht den Druck auf NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) und fordert, sämtliche Grundsteuerbescheide unter den Vorbehalt einer Nachprüfung zu stellen. „Die Bürger sind verständlicherweise total überfordert mit ihrer Steuererklärung und der Interpretation der Bescheide“, sagte Vizefraktionschef Ralf Witzel der Zeitung. Witzel spricht von einer „Zermürbungsstrategie“. Die Landesregierung spekuliere darauf, dass genügend Steuerpflichtige vor den Kosten und Mühen eines langen Rechtsstreits zurückschreckten.
Die Oberfinanzdirektion NRW verwies auf Nachfrage der Zeitung dagegen auf rechtliche Bestimmungen. Die Vorläufigkeit der Steuerbescheide sei „von klaren gesetzlichen Tatbestandsmerkmalen abhängig“, sagte ein Behördensprecher. Dazu gehöre ein bei einem obersten Gericht anhängiges Verfahren. Diese Voraussetzung liege nicht vor.