Die Jobcenter haben im vergangenen Jahr wieder mehr Leistungsminderungen ausgesprochen. Insgesamt waren es 226.008, ein Zuwachs von 77.520 gegenüber 2022, teilte die Bundesagentur für Arbeit (BA) am Mittwoch mit.
Betroffen davon waren 128.415 erwerbsfähige Leistungsberechtigte, 28.935 mehr als im Vorjahr. Die Zahl der Leistungsminderungen liegt damit über dem Niveau der vorangegangenen drei Jahre, aber weiterhin deutlich unter dem vor der Pandemie. Im Jahr 2019 wurden noch 806.811 Leistungsminderungen ausgesprochen.
Gründe für den Rückgang sind neben den Folgen der Corona-Pandemie auch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts Ende 2019 und die Neuregelung der Leistungsminderungen mit Einführung des Bürgergelds zum Jahr 2023. Die Differenz zum Vorjahr 2022 beruht aber insbesondere auf dem dort im 2. Halbjahr geltenden Sanktionsmoratorium. Während diesem war nur eine Minderung wegen eines Meldeversäumnisses möglich, somit monatlich maximal zehn Prozent des maßgebenden Regelbedarfs.
Im Jahr 2023 mussten 2,6 Prozent der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit mindestens einer Leistungsminderung belegt werden. Im Vorjahr waren dies 2,7 Prozent. Damit kommen 97 von 100 Menschen mit Leistungsminderungen nicht in Berührung.
Ursächlich für die Anzahl der Leistungsminderungen waren im Wesentlichen Meldeversäumnisse, das heißt, dass die Kunden ohne wichtigen Grund nicht zu Terminen erschienen sind. Von Februar bis Dezember 2023 mussten aus diesem Minderungsgrund 191.016 Leistungsminderungen ausgesprochen werden. Das sind 84,5 Prozent aller Minderungen 2023. Für Januar 2023 liegt keine Differenzierung nach Gründen vor. 15.774 Minderungen mussten von Februar bis Dezember 2023 wegen des Minderungsgrunds „Weigerung Aufnahme oder Fortführung einer Arbeit, Ausbildung, Maßnahme oder eines geförderten Arbeitsverhältnisses“ ausgesprochen werden.
Nach Auslaufen des Sanktionsmoratoriums müssen die Jobcenter mit Einführung des Bürgergelds zum Januar 2023 Leistungsminderungen wieder umfangreicher prüfen und gegebenenfalls aussprechen.
Bei der ersten Pflichtverletzung wird der Regelbedarf um 10 Prozent für einen Monat, bei einer zweiten Pflichtverletzung um 20 Prozent für zwei Monate und in der letzten Stufe um 30 Prozent für drei Monate gemindert. Die Leistungsminderung für ein Meldeversäumnis beträgt immer 10 Prozent des Regelbedarfs für einen Monat.
Die Leistungen dürfen insgesamt um maximal 30 Prozent des Regelbedarfs gemindert werden. Bis zu dieser Maximalhöhe können sich Minderungen aufaddieren. Kosten für Miete und Heizung dürfen nicht gekürzt werden.
Leistungsminderungen treten nicht ein, wenn im Einzelfall ein wichtiger Grund für das Verhalten vorliegt oder sie eine „außergewöhnliche Härte“ bedeuten würden.
Im März 2024 wurden die Regelungen über Leistungsminderungen ergänzt. Neu hinzugekommen ist, dass erwerbsfähige Leistungsberechtigten, die wiederholt die Zusammenarbeit verweigern und eine „zumutbare Arbeit“ nicht aufnehmen, der Regelbedarf für bis zu zwei Monate entzogen werden kann.