Politologe hält GDL für „nicht besonders erfolgreich“

Der Politikwissenschaftler Wolfgang Schroeder von der Universität Kassel glaubt nicht, dass die Beschäftigten vom harten Kurs der Lokführergewerkschaft GDL profitieren.

Der Politikwissenschaftler Wolfgang Schroeder von der Universität Kassel glaubt nicht, dass die Beschäftigten vom harten Kurs der Lokführergewerkschaft GDL profitieren. „Die GDL ist zwar laut, aber im Vergleich zu den meisten anderen Gewerkschaften auch nicht besonders erfolgreich“, sagte er dem „Tagesspiegel“ (Freitagausgabe). Ihre Lohnabschlüsse seien in den vergangenen zehn Jahren hinter der allgemeinen Lohnentwicklung zurückgeblieben.

Für die Eskalation des aktuellen Tarifkonflikts gibt Schroeder aber auch der Deutschen Bahn (DB) eine erhebliche Mitschuld. So habe DB-Personalchef Martin Seiler zu Beginn der Tarifrunde angekündigt, dass er über eine Arbeitszeitverkürzung nicht verhandeln will. „Das war eine Fundamental-Blockade, die den Konflikt bis auf den heutigen Tag maßgeblich prägt“, sagte Schroeder. Der Arbeitsmarktexperte hat deshalb den Eindruck gewonnen, dass die DB vor allem die GDL klein halten wolle.

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann stellte erneut das Streikrecht infrage. „Das Streikrecht lebt davon, dass die Tarifpartner ernsthaft verhandlungsbereit sind“, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Freitagausgaben). Das sei immer ein Grundkonsens der Tarifpartnerschaft gewesen und habe Deutschland von anderen Ländern unterschieden. „Leider steht dieser Grundkonsens jetzt mehr als in Frage.“

Den neuen Streik der Lokführer bezeichnete Linnemann als „verantwortungslos“, kritisierte der CDU-Politiker. Er gehe nicht nur zu Lasten der Bürger, sondern schade auch den Unternehmen und Betrieben. Dass sich Claus Weselsky, Chef der Lokführergewerkschaft GDL, mit dem neuen Angebot nicht einmal ernsthaft auseinandergesetzt habe, zeige, „dass es ihm nicht um die Sache an sich geht, sondern um die eigene Profilierung“, so Linnemann. „Das hat wiederum nichts mehr mit der Durchsetzung der Interessen der Arbeitnehmer zu tun.“

Ähnlich äußerte sich FDP-Fraktionschef Christian Dürr. „Streiks dürfen schmerzhaft sein, aber sie müssen verhältnismäßig bleiben, insbesondere wenn es sich um kritische Infrastruktur handelt“, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Freitagsausgaben). „Wir sollten in den kommenden Wochen prüfen, ob die Regeln für Streiks im Bereich der kritischen Infrastruktur modernisiert werden müssen.“

Der Chef der Lokführergewerkschaft GDL, Claus Weselsky, sei weit übers Ziel hinausgeschossen und habe offensichtlich den Überblick über den Verhandlungsstand verloren. „Jeder Tag, an dem die Bahn bestreikt wird, kostet unsere Wirtschaft viele Millionen Euro“, so Dürr. „Der Schaden für Unternehmen und Fahrgäste ist immens – und die Herausforderungen sind durch den hohen Sanierungsbedarf bei der Bahn ohnehin schon groß.“

Der Fahrgastverband Pro Bahn spricht sich ebenfalls für eine zügige Änderung des Streikrechts aus: „Wir müssen für die kritische und alternativlose Infrastruktur in Deutschland neue Regeln schaffen“, sagte der Ehrenvorsitzende des Verbandes, Karl-Peter Naumann, der „Rheinischen Post“ (Freitagsausgabe). „Die Bahn gehört dazu.“

Wenn der öffentliche Nah- und Fernverkehr bestreikt werde, treffe dies alle, vor allem aber andere Arbeitnehmer. „Der Staat müsse künftig sicherstellen, dass es eine gewisse Grundversorgung immer gibt. Das muss jetzt angegangen werden“, sagte Naumann. Dafür sei eine Änderung des Streikrechts zwingend notwendig.

Naumann ergänzte, es könne nicht sein, dass die GDL auf ihren Maximalforderungen beharre. „Herr Weselsky will sich offenbar zum Abschluss seiner Karriere noch ein Denkmal setzen.“ Die Reisenden seien extrem verärgert. „Zumal es einen Kompromiss gegeben hat“, so Naumann.

Auch der Präsident des Groß- und Außenhandelsverbands, Dirk Jandura, will zügig eine Änderung des Streikrechts. „Der völlig unverhältnismäßige Streik der Lokführergewerkschaft GDL zeigt eindrücklich, wie notwendig eine gesetzliche Regelung zum Streikrecht ist“, sagte Jandura dem „Handelsblatt“ (Freitagsausgaben).

„Es kann doch nicht sein, dass eine kleine Berufsgruppe wie die Lokführer ihre Schlüsselfunktion mit einem hohen Erpressungspotential dafür missbraucht, auf dem Rücken der gesamten Wirtschaft und Millionen Fahrgästen ihre Partikularinteressen durchzudrücken.“ Das sei nicht akzeptabel.

Ihm gehe es nicht um die Abschaffung des grundgesetzlich geschützten Streikrechts, sondern um „klare Leitplanken zum Schutz aller“, so Jandura. Das Mindeste sei, hierbei vor allem Arbeitskämpfe in der kritischen Infrastruktur und Daseinsvorsorge in den Blick zu nehmen. „Denn von deren Funktionieren hängt unsere gesamte Gesellschaft und Wirtschaft ab.“ Ein mehrtägiger Streik sowie die von der GDL angekündigten Wellenstreiks „treffen die deutsche Wirtschaft enorm“, sagte der BGA-Präsident.




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