Studie: Wohnungsbaubedarf in Deutschland noch höher als gedacht

Angesichts der zuletzt stark gestiegenen Zuwanderungszahlen in Deutschland wird der Bedarf an neuen Wohnungen deutlich höher eingeschätzt als ursprünglich berechnet. Experten fordern daher eine rasche Anpassung der Baupläne, um der wachsenden Nachfrage gerecht zu werden und Engpässe auf dem Wohnungsmarkt zu vermeiden

### Steigende Zuwanderungszahlen erhöhen Wohnungsbedarf in Deutschland

Wegen zuletzt deutlich gestiegener Zuwanderungszahlen müssten in Deutschland​ schon jetzt deutlich​ mehr Wohnungen als ursprünglich berechnet gebaut werden. ⁣Das⁤ geht aus einer neuen Modellrechnung des‌ Instituts der deutschen Wirtschaft (IW Köln) hervor, über die die Zeitungen der Funke-Mediengruppe ​(Freitagausgaben) vorab berichten.

### Erhöhter⁣ Wohnungsbedarf bis 2025

Demnach habe sich der Wohnungsbedarf im ‍Zeitraum 2021 bis ​2025 aufgrund einer neuen regionalen Bevölkerungsprognose auf jährlich 372.000 neu benötigte Wohnungen erhöht. Bislang war​ man von ‍etwa 308.000 neuen ⁣Wohnungen pro Jahr ausgegangen. Das ⁤Ziel der Bundesregierung, jedes Jahr⁤ gut 400.000 Wohnungen⁤ neu errichten​ zu lassen, ist‌ bislang verfehlt worden. Im ​vergangenen Jahr wurden lediglich 294.000⁢ Wohnungen neu gebaut.

### Prognosen für 2023

Das Münchner Ifo-Institut⁤ geht in einer neuen Prognose davon aus, dass auch⁤ in diesem Jahr lediglich 225.000 Wohnungen fertiggestellt werden ⁤könnten. Grund dafür sind den Annahmen zufolge neben gesunkenen Baugenehmigungen ⁤vor allem​ das weiterhin vergleichbar hohe Zinsniveau, ⁣Bürokratie und ​strenge Bauvorschriften, aber‍ auch Unsicherheiten in Bezug auf Förderprogramme der Bundesregierung.

### Ursachen für den erhöhten Bedarf

Ursache für die angepasste ⁣Berechnung⁣ zum benötigten Wohnungsneubau ist dem IW zufolge ​eine deutlich höhere Zuwanderung, die zuvor aufgrund der Corona-Pandemie „wesentlich moderater eingeschätzt worden‍ war“, heißt es in dem ⁣Bericht der Wirtschaftsforscher. Seit Februar 2022 seien durch den Russland-Ukraine-Krieg jedoch‍ noch 1,3 Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine⁤ hinzugekommen. „In Summe wurde die Zuwanderung damit um 1,5 Millionen Personen ​unterschätzt“, so die Wissenschaftler.

### Dringender Handlungsbedarf

„Das Wohnungsbauproblem ist immens. Wir müssen die Bautätigkeit⁢ jetzt deutlich steigern. Tatsächlich jedoch erleben wir einen Einbruch. Das heißt, der ‍Druck auf den Mietwohnungsmarkt wird deutlich steigen„, sagte einer der ‍Autoren der Studie, der Immobilienmarktexperte Michael Voigtländer, den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

### Lage‍ in Großstädten

Dramatisch ist die Lage jetzt ⁤schon in deutschen ‌Großstädten. Im Verhältnis zum jährlichen ⁣Bedarf lag die aktuelle Bautätigkeit zwischen 2021 und 2023 in Deutschland nur bei 79 Prozent. „Besonders hoch ist ⁤die Unterdeckung​ in den größten sieben Städten‌ des Landes. Dort liegt die Quote aus aktueller und benötigter​ Bautätigkeit bei 59 Prozent“, so die Studienmacher. Am niedrigsten ist die Bautätigkeit in ‌Köln und in Stuttgart. Im Zeitraum von 2020 bis 2023 sind⁤ nur 37 Prozent beziehungsweise 43 Prozent der dort benötigten Wohnungen neu‌ errichtet worden.

### Ausblick ⁣und⁢ Empfehlungen

Zunächst wird die Lage auch ‌nicht​ besser. Für dieses und auch‍ für das kommende Jahr rechnen Experten eher mit einer ‌weiteren Verschlechterung der Neubauzahlen. Der Wohnungsmangel werde also flächendeckend zunehmen, so die Analyse.​ Um weitere Verwerfungen im Markt zu verhindern, seien sowohl kurzfristige Impulse als auch strukturelle Reformen nötig. IW-Forscher Voigtländer empfiehlt Kommunen unter anderem, mehr Bauland auszuweisen. ‌Auch weniger Vorgaben, zum Beispiel mit Blick​ auf bei einem Neubau zu errichtende Stellplätze, könnten helfen, Bauen zu vereinfachen. Länder sollten über Entlastungen bei der Grunderwerbssteuer⁢ nachdenken, so der Experte.‌ Gemeinsam mit dem⁢ Bund sollten die Länder​ zudem „deregulieren und vereinfachen,“ sagte Voigtländer. „In jedem Koalitionsvertrag steht, man möchte einfacher und schneller bauen. Aber so richtig viel passiert, ist bislang nicht“, fasste er zusammen.

###​ Auswirkungen ⁣der EZB-Zinspolitik

Die ⁣Europäische Zentralbank ‍(EZB) hatte in der vergangenen Woche angekündigt, die Leitzinsen leicht ⁢zu senken. Weitere Zinssenkungsschritte könnten in diesem Jahr noch ‍folgen. Auch die Bauzinsen könnten somit wieder günstiger werden. Fachmann Voigtländer verspricht sich davon jedoch⁢ keinen allzu großen Effekt. „Die leichte Belebung durch ⁤sinkende⁤ Zinsen wird nicht reichen, um den Wohnungsbau ausreichend zu stimulieren. Zusätzlich ist ein wirklicher politischer Rückenwind nötig, ⁣der zum Beispiel geringere Baukosten ermöglicht“, sagte er. Passiere nichts, werde man weiter nur „im ​Schneckentempo“ vorankommen.

### Folgen der Wohnungskrise

Die Folgen der Wohnungskrise bemerke man bereits heute. Mieten ⁣bei Neuvermietungen steigen besonders in Ballungsgebieten deutlich stärker an als früher. „Wir sehen auch, dass ​viele Haushalte gar nicht mehr ‍umziehen⁣ können, weil sie keine neue Wohnung finden. Der gleiche Effekt trifft ⁢junge Menschen, die viel länger als früher zu Hause leben müssen“, erklärte der IW-Forscher ‌weiter. Zunehmend sei der Wohnungsmangel auch ein Problem für Unternehmen. Berichte von Arbeitskräften, die einen ⁤neuen Job nicht antreten, weil sie keine Wohnung finden, würden sich häufen, so Voigtländer.




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