In der letzten Sitzung des Stadtrates beauftragten die Fraktionen des Stadtrates (SPD, LINKE, FDP, GRÜNE, CDU & AfD) die Stadtverwaltung, einen Brandbrief zur Flüchtlingssituation zu verfassen.
Dieser Hilferuf sorgte nach Bekanntwerden für heftiges Echo, nicht auf inhaltlicher Seite, sondern aufgrund der teils deftigen Wortwahl des Friedrichsthaler Bürgermeisters. Im Kern wirft Christian Jung (SPD) der Bundesregierung Untätigkeit vor.
Der Inhalt des Brandbriefes
Der Friedrichsthaler Bürgermeister spricht das aus, was vielen Menschen auf der Seele brennt: Dass die Flüchtlingspolitik in ihrer aktuellen Ausprägung, maximal unglücklich verläuft und die Kommunen als „kleinstes und letztes Glied der Kette“ ziemlich im Regen stehen gelassen werden.
Mit dieser Einschätzung steht Jung nicht alleine da, da die Forderungen deckungsgleich mit denen des Saarländischen Städte- und Gemeindetag, dem Deutschen Städte und Gemeindebund, z.B. hier Ralph Spiegler im SWR-Interview und vielen anderen Kommunalpolitikern aus dem gesamten Bundesgebiet sind.
Was Jung in dem mehrseitigen, oft mit harten, manchmal in seiner durchaus bekannten, verschnörkelt-sarkastischen Art Dokument kritisiert, sind am Ende die Punkte, über die Regio-Journal die letzten beiden Monate mehrfach (hier und hier) berichtet:
- Die Frage nach den Kosten für die Sanierungen von Gebäuden zu Ende der Flüchtlingsunterbringung
- die fehlende Finanzierung zur Deckung der laufenden Kosten zur Unterbringung
- die teilweise unterirdischen Verhaltensweisen von Geflüchteten Menschen gegenüber Verwaltungsangestellten, Reinigungskräften und Mitmenschen, das fehlende Personal in der Verwaltung und der Betreuung
- bis hin zu dem Fakt, dass Kommunen oftmals in kürzester Zeitspanne über Neue Zuweisungen informiert werden, ohne das vorab geprüft wurde, ob überhaupt noch Kapazitäten vorhanden sind.
„Wir wissen alle, dass wir seit über einem Jahr in dieser Krise stecken“ wundert sich Friedrichsthals Bürgermeister. Der Prozess sei immer der selbe. Man versuche, geeignete Wohnungen zu finden, was im voraus jedoch nahezu nicht möglich sei zu planen, da man nicht wisse, ob eine alleinstehende Person oder eine vierköpfige Familie zugewiesen werde. Daher sei die Übergangslösung mit der Helenenhalle in Friedrichsthal unabdingbar – mit der Folge, dass diese nun den Vereinen und Schulen nicht mehr zur Verfügung stünde.
Über die Abnutzung der Halle sei hinlänglich gesprochen worden. Die Kosten hierfür bleiben aktuell an der Kommune hängen. Von Kosten zur Überwindung von Sprachbarrieren, zum wiederkehrenden Neuaufbau von Mobiliar bis hin zum Betrieb eines Sicherheitsdienstes ganz zu Schweigen.
Jung wirft der Politik vor, sich gerne mit kühnen Versprechen, wie der „schnellen, unbürokratischen Hilfe“ im Scheinwerferlicht zu sonnen, während die Kommunen bei der Umsetzung dieser Versprechen an ihre Grenze kämen.
Offen wirft er der Bundesregierung fehlende Sensibilität vor: „Offenbar hat man keine Sensibilität für die Lage der Kommunen und kommt über wohlklingende Bekundungen in der Thematik nicht hinaus. Ich sehe mich veranlasst, die Kritik daran nach außen zu tragen – und formuliere dies auch im Auftrage aller Fraktionen im Stadtrat von Friedrichsthal – dass man auf Bundesebene den Kontakt zur Basis unseres staatlichen Gefüges verloren zu haben scheint.“
Am Ende fordert Jung die Anwendung des Mottos: „Wer bestellt, der bezahlt!“ – und damit die vollständige Kostenübernahme für die Versorgung der Schutzsuchenden sowie die Beseitigung der Folgekosten. Dies könnten die wenigsten Kommunen leisten.
Im Zeitfenster „um Ostern“ soll es Gespräche zwischen Bundeskanzler Olaf Scholz sowie den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder geben. Dann soll das Thema Geld noch einmal zur Diskussion stehen.
Die erste Diskussionsrunde mit Innenministerin Nancy Faeser verlief dagegen enttäuschend für die Kommunen. Wahrscheinlich auch ein Grund, weswegen sich der Friedrichsthaler Bürgermeister derart Offensiv zu Wort meldet.
Bildquellen
- Christian Jung: Regio-Journal