Derzeit ist die Nachrichtenlage aus dem Rathaus dünn: Was sind die derzeit bestimmenden Themen innerhalb der Stadtverwaltung?
C. Jung: Neben dem aktuellen Tagesgeschäft gibt es in unserer Stadt einige Dauerprojekte wie die Sanierung des Rechtsschutzsaals, dem Neubau des Vereinshauses oder der Sanierung des Hallenbades. Hierfür müssen aufgrund unterschiedlicher Faktoren Gelder beschafft werden – oder auch die Projekte an die Finanzmöglichkeiten angepasst werden. Andererseits müssen die Projekte teilweise in Einzelprojekte zerstückelt werden, um deren Finanzierung zu ermöglichen. All diese Bürokratie lastet uns neben dem normalen Tagesgeschäft massiv aus.
Das Frühjahr war maßgebend geprägt durch die Situation rund um die Helenenhalle und die dort untergebrachten Schutzsuchenden. Medial schlug Ihr „Brandbrief“ bundesweit ein. Mittlerweile ist es still geworden: Was hat sich seitdem getan?
C. Jung: Es ist uns schrittweise gelungen, die in der Halle untergebrachten Personen in Containerwohnungen der privaten Wohnraum zu vermitteln. Mittlerweile können wir sagen, dass Ende des Sommers die Helenenhalle wieder für Vereine und Schulen zur Verfügung stehen wird.
Wie reagierte die Bundesregierung auf Ihr Schreiben? Haben Sie Antwort erhalten?
C. Jung: Das zuständige Ministerium antwortete rund zwei Monate nach meinem Schreiben mit einer Eingangsbestätigung. Das war´s!
Wurde mittlerweile wenigstens Lösungen zur Entlastung der Kommune erarbeitet? Sind Sie mit der Entwicklung zufrieden?
C. Jung: Das Containerdorf in Ensdorf scheint aktuell zu einer spürbaren Entlastung zu führen. Dies ist aktuell positiv. Dennoch sind einige Punkte weiterhin ungeklärt, es fehlt uns immer noch an Mitarbeitern, die sich um das große Thema Migration und Flüchtlingsunterbringung kümmern. Die entstehenden Kosten im Bereich der Mitarbeiter aber auch z.B. beim Sicherheitsdienst sind weiterhin zu Lasten der Kommune.
Lassen Sie uns über Klimaschutz sprechen.
Friedrichsthal überlegt, sofern die Finanzierung geklärt ist, einen Klimamanager einzustellen. Was versprechen Sie sich von diesem Schritt?
C.Jung: Derzeit planen wir erst einmal, an die finanzielle Förderung zu kommen. Diese sieht eine 90%ige Kostendeckung vor. Erst danach besteht die Möglichkeit zur Einstellung. Ich sehe den Einsatz eines Klimamanagers als ganzheitliches Projekt, das beginnt beim Bauen, über den Naturschutz, das Thema versiegelte Flächen, aber auch die Anlage von öffentlichen Flächen und Plätzen. Für mich geht es hierbei nicht nur um die großen Schlagworte rund ums Gebäude, sondern z.B. auch, wie unsere Straßenzüge angelegt sind, ob Asphaltflächen mit Straßenbegleitgrün verschattet werden können, damit diese sich weniger aufheizen. Man kann auf dem Papier immer viel planen, ob alles umsetzbar ist, steht auf einem anderen Blatt.
Die Bundesregierung fordert von Kommunen zukünftig eine „Kommunale Wärmeplanung“. Größere Städte denken nun darüber nach, Fernwärmenetze auszubauen. Welche Lösungen sehen Sie für Friedrichsthal?
C. Jung: Für unsere Stadt sehe ich keine Fernwärmenetze, wie auch? Auf welchen Flächen sollen diese Lösungen ausgebaut werden? Vielleicht gibt es andere Lösungen, die zumindest denkbar wären. Aber so wie sich die Bundesregierung das oftmals vorstellt, wird es bei uns nicht funktionieren. Hier treffen Papierwünsche und Forderungen der Regierung auf die Praxis vor Ort.
Wir werden sehen, welche Lösungen bis zur finalen Umsetzung realistisch machbar sind.
Thema: Sauberkeit in Friedrichsthal
Sie regten an, eine Kehrmaschine anzuschaffen. Dies wurde von CDU und AfD abgelehnt. Ärgern Sie sich heute noch über die Entscheidung?
C. Jung: Die Ablehnung kam durch eine Fehlinformation bei den Fraktionen zu Stande. Es ist eine vergebene Chance, für mehr Sauberkeit in der Stadt zu sorgen. Diese vergebene Chance bedauere ich sehr.
Fehlt es an Personal im Baubetriebshof, um die Sauberkeit nachhaltig zu erhöhen?
C. Jung: Ich habe ein Problem damit, dass unsere Mitarbeiter den Dreck einzelner Bürger entsorgen müssen. Diese Arbeitszeit fehlt für die wichtigen Dinge. Offenbar sind Teile unserer Gesellschaft nicht mehr in der Lage, ihren Nachwuchs so zu erziehen, dass Sie grundlegende Dinge wie Müllentsorgung geregelt bekommen. Dies sieht man jedes Wochenende in Parks, an den Bushaltestellen und so weiter. Ich frage mich, wie lange sich die Gesellschaft weiter diese Verschmutzung gefallen lässt.
Sie wollten Friedrichsthal sauberer und lebenswerter machen. Wie fällt ihr persönliches Fazit nach über zwei Jahren Amtszeit aus?
C. Jung: Mein persönliches Fazit ist in Teilen ernüchternd. Ich musste feststellen, das oftmals die Mittel begrenzt sind, um selbst etwas zu bewegen. Es gibt unterschiedliche Zuständigkeiten wie Forst, unterschiedliche Landesbetriebe etc., auch diese tragen Verantwortung. Ich musste feststellen, dass oftmals viel zu lange lamentiert wird, statt etwas anzupacken und auf dem einfachen Wege zu lösen. Ich wäre gerne weiter, als ich aktuell bin.
Wird heute mehr Müll wild entsorgt als früher?
C. Jung: Nein. Diese Wildentsorgung von Abfällen gibt es schon lange, denken sie an teilweise Jahrzehnte alte „Aufräumaktionen“. Gerade durch Social Media ist es halt heute eher so, dass die Bilder im Netz zu finden sind und sich dadurch verbreiten. Auf der anderen Seite kann ich nicht von der Bevölkerung verlangen, dass sie jedes zugeschmierte Taschentuch anderer Leute aufraffen und entsorgen. Hier wäre ich schon für ein wenig Mithilfe bei normalen Abfällen wie Flaschen und Dosen dankbar.
Gibt es Möglichkeiten, die die Stadtverwaltung zur Eingrenzung dieser wilden Müllentsorgung hat?
Unsere Möglichkeiten sind beschränkt, so ehrlich muss man sein. Wir können immer wieder sensibilisieren, Eltern aufrufen, ihre Kinder zu instruieren. Manchmal landen wir aber auch einen Treffer, wenn es beispielsweise Hinweise aus der Bevölkerung mit Bild- oder Videomaterial gibt.
Dennoch kann jeder der nicht weiß, wo er etwas zu entsorgen hat, bei uns anrufen, wir geben im Bürgeramt gerne Hilfestellung, so gut es uns möglich ist.
Sprechen wir über die aktuellen Langzeitprojekte:
Wie sieht es beim Projekt Vereinshaus aus?
C. Jung: Wie Sie wissen, ist der Bauträger nicht die Stadt Friedrichsthal, sonder ndie kath. Kirchengemeinde. Derzeit wird das Gremium zusammengestellt, welches über die eingereichten Architektenvorschläge abstimmen soll. Wenn alles gut läuft, findet die Abstimmung im Herbst statt. Dann beginnen die Ausschreibungen und Anpassungen – und hoffentlich auch bald der Bau.
Unsere letzte Info war, dass das Projekt Rechtsschutzsaal derzeit gestoppt ist. Wie ist aktueller Stand?
C. Jung: Das ist richtig. Derzeit diskutieren die Geldgeber über die genaue Ausrichtung der Planung. Der Finanzbedarf hat sich mittlerweile um 900.000 Euro bis zu einer Million Euro erhöht, seitdem das Gebäude nun richtig in Augenschein genommen wurde. Diese Mittel müssen nun beschafft werden. Hierfür wurden bereits erfolgreiche Vorgespräche geführt, die mich positiv in die Zukunft blicken lassen.
Der Stadtrat hat ein Konzept für das Hoferkopfareal gefordert. In der letzten Zeit gab es einige Unruhen über die Konzeption, die das beauftrage Büro vorgelegt hat. Wie sieht es aktuell aus?
C. Jung: Das Konzept wurde mittlerweile erstellt und intern vorgestellt. Es wurde aber weiter entwickelt, als ursprünglich angedacht. Ein Verein zeigte ich massiv unzufrieden und preschte voreilig nach vorne. Am Ende entscheidet wie immer der Stadtrat über die Maßnahme. Aktuell gibt es keine genauen Planungen. Es handelt sich lediglich um theoretische Ideen, es wurden weder Entscheidungen über Wegegestaltung noch über sonstiges getroffen. Auch hier gilt: Erst einmal müssen Fördermittel eingeworben werden, ehe man mit der Planung beginnt. Um die Fördermittel zu erhalten, braucht es jedoch eine erste „Ideensammlung“.
Zuletzt müssen wir auch noch über Geld reden.
Überall steigende Kosten: Wie geht Friedrichsthal damit um?
C. Jung: Wir müssen damit umgehen, ob wir wollen oder nicht. Es bleibt uns ja nichts anderes übrig. Wie genau der Plan aussieht, sehen wir, wenn die Haushaltsplanung abgeschlossen ist. Da kann ich aktuell noch nicht mehr sagen.
Ein Blick in die Zukunft: Welche Ziele möchten Sie bis Ende nächsten Jahres erreichen?
C. Jung: Ich möchte endlich Entscheidungen und Abschlüsse bei den Projekten wie Rechtsschutzsaal und Vereinshaus. Nägel mit Köpfen machen! Hier braucht es aber die offensive Mithilfe der Geldgeber und Projektteilnehmer. Außerdem steht nächstes Jahr die Kommunalwahl an, wo ich mir als Ergebnis wieder einen demokratischen Rat wünsche, mit dem mein Team und ich weiter zum Wohle unserer Stadt arbeiten können.
Möchten Sie den Bürgerinnen und Bürgern noch etwas sagen?
C. Jung: Ich lade Sie herzlich zum Glashüttenfest auf den Marktplatz in Friedrichsthal ein und freue mich Sie dort zu sehen und mit Ihnen ins Gespräch zu kommen!
Danke für dieses ausführliche Interview!
Bildquellen
- Christian Jung: Regio-Journal