In Völklingen, auf dem Freigelände hinter der Versöhnungskirche, steht seit einigen Monaten ein auffälliger bunter Bauwagen. An den Tagen Dienstag und Freitag herrscht dort reges Treiben, denn dann öffnet das Tausch- und Verschenkregal seine Türen. Jeder ist eingeladen, Spiele, Bücher oder Kleidung mitzubringen oder mitzunehmen. Ein Grundstock an Gegenständen aus dem Sozialkaufhaus ist bereits vorhanden. Gleich nebenan, im Café Valz, können jugendgerechte Bücher zur politischen Bildung ausgeliehen werden.
Diese Aktivitäten gehören zum Modellprojekt „Jugendmigrationsdienst im Quartier“. Die Diakonie Saar, die Stadt Völklingen und das saarländische Bauministerium stellten kürzlich gemeinsam die Ziele und Aktivitäten des Projekts in einer Pressekonferenz vor.
Die Nördliche Innenstadt von Völklingen ist einer von 16 Modell-Standorten in Deutschland. In diesem Quartier haben über 30 Prozent der Bewohner einen Migrationshintergrund. Das Projekt hat zum Ziel, die Lebenssituation und Lebenswelten der Bewohner zwischen 12 und 27 Jahren zu verbessern und das Zusammenleben sowie die Integration zu fördern. „Wir sind sehr froh, dass es gelungen ist, das Modellprojekt für vier Jahre nach Völklingen zu holen“, sagte Oberbürgermeisterin Christiane Blatt. „So steigen die Startchancen der jungen Menschen ins Leben.“
„Mit diesem Angebot, das auch das Wohnumfeld der jungen Menschen in den Blick nimmt, wollen wir den Zusammenhalt in benachteiligten Wohnquartieren stärken, vor allem zwischen Menschen mit und ohne Migrationshintergrund“, betonte Doris Lamsfuß aus dem saarländischen Ministerium für Inneres, Bauen und Sport, Referat Stadtentwicklung und Städtebauförderung. Ein wichtiger Aspekt sei auch die Aktivierung und Beteiligung der Bewohner bei der Gestaltung des Quartiers. Das Förderprogramm ist ein Baustein der ressortübergreifenden Zusammenarbeit des Bundesbau- und Bundesfamilienministeriums für benachteiligte Quartiere. Seit 2017 stellt der Bund jährlich insgesamt 10 Millionen Euro für die modellhafte Förderung ressortübergreifender Maßnahmen zur Verfügung, die in sozial benachteiligten Quartieren einen Beitrag für mehr Integration und gesellschaftlichen Zusammenhalt leisten. Die Maßnahmen ergänzen die baulich-investiven und städtebaulichen Maßnahmen des Städtebauförderungsprogramms „Soziale Stadt“.
„Für Jugendliche mit einem Migrationshintergrund ist es nicht einfach, einen Platz in unserer Gesellschaft zu finden“, sagte Diakoniepfarrer Udo Blank. Deshalb sind die Jugendmigrationsdienste schon seit vielen Jahren fester Bestandteil der Arbeit der Diakonie Saar. „Ziel ist es, Chancengleichheit mit einheimischen Jugendlichen herzustellen, etwa durch Beratung, Bildungs- und Freizeitangebote“, so Blank.
Ludwig Heil, Mitarbeiter im Projekt, arbeitet eng mit den anderen Akteuren im Stadtteil zusammen. Dazu gehören das Stadtteilmanagement der Stadt Völklingen, das Jugendzentrum, Schulen, Migrantenorganisationen und die Sportvereine sowie das Mehrgenerationenhaus und das Völklinger Projekt BIWAQ – „Besser leben und arbeiten im Quartier“ der Diakonie Saar.
Neben den Aktivitäten rund um den Bauwagen gibt es einen Jonglier-Treff und eine Volleyball-AG. In den Ferien steht mit Jugendlichen aus dem Quartier ein zweitägiges Waldprojekt im Warndt an sowie Ausflüge. Demnächst starten ein offener Spieletreff, ein Repaircafé für Kinder, eine Ausbildungsbörse und ein Tanzprojekt mit einem Choreografen, der selbst einen Migrationshintergrund hat. Am 8. September findet ein Stadtteilfest rund um die Versöhnungskirche statt.
Ein weiterer Baustein ist der Aufbau eines Jugendquartierrats. Jugendliche sollen ermutigt werden, sich bei der Gestaltung des Wohnumfeldes einzubringen, beispielsweise bei der Grünfläche rund um die Versöhnungskirche. Ein erstes Treffen fand bereits im Stadtteiltreff statt. Unter anderem wünschen sich die Jugendlichen einen „Strand an der Saar“ beim Kanuclub und ein Beachvolleyballfeld im Quartier.
(Nr. 98/2018)
Text: Das Original dieses Textes finden Sie unter diesem Link
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