Der frühere Leiter des Leitungsstabs des Bundesnachrichtendienstes (BND), Gerhard Conrad, warnt vor Anschlägen während der Fußball-Europameisterschaft in Deutschland durch Anhänger des „Islamischen Staates“ (IS). „Das ist ein besonders naheliegendes Anschlagsziel, weil es eine Vielzahl an Angriffsszenarien ermöglicht. Da sind die Stadien oder der öffentliche Nahverkehr, aber auch alle Public-Viewing-Veranstaltungen“, sagte Conrad dem „Handelsblatt“.
„Rein theoretisch“ seien auch Anschläge mit Drohnen möglich. „Man befestigt ein Sprengmittel und lässt das Gerät dann über dem Zielort zum Absturz oder zur Explosion bringen.“ Die Bedienung sei aus zwei oder drei Kilometern Entfernung möglich. Denkbar sei auch, „dass Angreifer in Stadien eingeschleust werden, um zwei, drei spektakuläre Explosionen herbeizuführen“, sagte Conrad weiter. Als Ziel kämen aber auch S- oder U-Bahnen infrage, die zu den Veranstaltungsorten fahren.
Als besonders gefährlich stufte Conrad den von Afghanistan aus aktiven IS-Ableger „Provinz Khorasan“ (ISPK) ein, der jüngst auch den Anschlag in Moskau verübt haben soll. „Eine ISPK-Arbeitsgruppe für externe Operationen bereitet Anschläge außerhalb Afghanistans vor, die zunehmend auch gegen Europa gerichtet sind.“
Conrad forderte mehr Befugnisse für die Sicherheitsbehörden, darunter einen Zugriff auf IP-Adressen von Computern. „Das ist im Vorfeld einer Straftat im Rahmen der Gefahrenabwehr ebenso wichtig wie im Nachgang im Rahmen von Ermittlungen“, sagte er. Die FDP lehnt diese Form der Vorratsdatenspeicherung allerdings ab. Conrad sagte dazu: „Die Frage ist am Ende, welchen Preis man für eine optimale Wahrung von Freiheitsrechten bezahlen will. Wenn es schiefgeht, dann kann der Preis ein Anschlag wie in Moskau sein.“