„Ich habe mir immer gedacht, es wäre auch mal schön, auf so eine WM von außen zu gucken, ohne dass man mittendrin ist“, sagte er dem „Spiegel“. Löw war 15 Jahre lang als Bundestrainer für die Nationalelf verantwortlich.
Heute, in seinem Wohnzimmer, sei er weit weg von der Mannschaft, gedanklich aber immer noch nah bei ihr. „Ich habe mir vor den Länderspielen gedacht, okay, jetzt um diese Zeit ist die Sitzung mit der Mannschaft. Oder Kaffeetrinken. Oder: Jetzt fahren wir mit dem Bus zum Stadion, jetzt sind wir in der Kabine, jetzt geht es zum Warmmachen raus.“
Löw äußerte sich auch selbstkritisch über das WM-Turnier vor vier Jahren in Russland, bei dem die deutsche Mannschaft, genau wie jetzt in Katar, schon in der Vorrunde scheiterte. Kurz bevor er damals den vorläufigen Kader nominierte, waren Bilder veröffentlicht worden, die Mesut Özil und Ilkay Gündogan mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zeigten. „Das war echt störend“, so Löw heute, „weil dieses Thema vor der Nominierung hochkam und sich eine Dynamik entwickelte, die keiner mehr bremsen konnte.“ Es habe die Stimmung in der Mannschaft gedrückt, das Sportliche sei zur Nebensache geworden.
Kritisch sieht er, wie er ein halbes Jahr nach der WM 2018 den verdienten Spielern Thomas Müller, Mats Hummels und Jerome Boateng mitteilte, dass er ohne sie plane: „Ich bereue sicherlich nicht die Entscheidung, ich wollte die Mannschaft verjüngen“, sagte Löw: „Aber die Art und Weise, wie das damals abgelaufen ist. Das hätte ich besser, anders lösen können.“ Den vielleicht schönsten Moment seiner Karriere habe er nach dem 7:1 gegen Brasilien im WM-Halbfinale 2014 erlebt, als sie mit dem Bus ins Camp zurückkehrten. Überall standen brasilianische Fans am Straßenrand.
„Wenn du sieben eins verlierst, als Gastgeber, habe ich eigentlich erwartet, dass vielleicht die Menschen aggressiv sind gegen den Gewinner oder nicht unbedingt wohlgesonnen, aber sie haben uns gefeiert“, so Löw. „Das hat bei mir eine Gänsehaut ausgelöst.“