Der Trainer der österreichischen Nationalmannschaft, Ralf Rangnick, erwartet von seinen Spielern maximalen Einsatz. „Man hat mit der Nationalmannschaft nicht so viele Trainingseinheiten“, sagte er dem „Spiegel“. „Also haben wir aus jeder Einheit das Maximum herausgeholt. Das waren regelrechte Crashkurse. Fünf Tage Training bei uns waren für die Spieler wie fünf Wochen Training bei ihren jeweiligen Vereinsmannschaften.“
Der bisherige Erfolg bei der EM resultiere auch aus einer kreativen Spielweise. „Wenn wir den Ball haben, gilt: Der Rückpass oder der Querpass sind nicht unsere favorisierten Pässe. Wir wollen nach vorn spielen.“ Das übe die Mannschaft im Training. „Nach acht Sekunden muss der Ball zurückerobert sein. Nach Balleroberung muss innerhalb von zehn Sekunden eine Umschaltaktion abgeschlossen sein, weil sich der Gegner sonst defensiv wieder organisiert hat.“
Rangnick hält es für wichtig, die Mannschaft emotional zu erreichen. „Die Spieler sollen sehen, dass wir uns wirklich mit ihnen beschäftigen, dass wir sie wertschätzen. Hier bei uns im Teamhotel ist jedes Zimmer nicht mit einer Nummer markiert, sondern mit einem Bild des jeweiligen Spielers“, sagte er. „Auch in den Zimmern hängen drei, vier persönliche Fotos von ihnen.“
Seine Absage an den FC Bayern rechtfertigte Rangnick auch mit der Europameisterschaft. „Wir haben als Trainerteam mit Österreich zwei Jahre auf diese EM hingearbeitet. Wäre ich Bayern-Trainer geworden, hätte ich von Tag eins an beides sein müssen: National- und Bayerntrainer“, erklärte er. „Bei jeder Pressekonferenz hier während der EM wäre es zehn Minuten um Österreich gegangen, und danach hätten die Presseleute versucht, Fragen zum FC Bayern zu stellen. Ständig hätte ich mit Bayern über den Kader sprechen müssen. Ich hätte beiden Seiten nicht gerecht werden können“, so Rangnick. „Es war einfach nicht der richtige Zeitpunkt.“
Er glaubt nicht, dass er die Entscheidung irgendwann bereuen werde. „Allein unsere bisherigen EM-Spiele haben mich darin bestärkt, dass diese Entscheidung die richtige war. Ich wusste, dass eine solche Chance bei Bayern vielleicht nie wieder kommt“, sagte der österreichische Trainer. „99 von 100 Trainern hätten sich wahrscheinlich für Bayern entschieden, mal ganz abgesehen vom finanziellen Aspekt. Aber stellen Sie sich vor, ich hätte meinen Spielern gesagt, dass ich nach der EM weg bin“, so Rangnick. „Das hätte unser Binnenverhältnis belastet. Und das wollte ich nicht. Ich konnte auf keinen Fall diese EM gefährden.“