Wissing: Bahn hat sich bei Europameisterschaft übernommen

Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) stellt der Deutschen Bahn ein schlechtes Zeugnis für ihren Einsatz während der Fußball-Europameisterschaft in Deutschland aus. "Was den Fans teilweise widerfahren ist, entspricht nicht dem Anspruch Deutschlands und nicht dem Anspruch, den ich an unsere Verkehrsinfrastruktur habe", sagte Wissing der "Welt am Sonntag".

Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) stellt der Deutschen Bahn ein schlechtes Zeugnis für ihren Einsatz während der Fußball-Europameisterschaft in Deutschland aus.

„Was den Fans teilweise widerfahren ist, entspricht nicht dem Anspruch Deutschlands und nicht dem Anspruch, den ich an unsere Verkehrsinfrastruktur habe“, sagte Wissing der „Welt am Sonntag“. Er sehe vor allem zwei Gründe für die Probleme des Staatskonzerns während der EM: „Mit der Ankündigung, während der EM täglich 10.000 zusätzliche Sitzplätze im Zugverkehr zur Verfügung zu stellen, hat sich die DB übernommen“, sagte Wissing. „Auch wenn die Absicht dahinter sicher gut war, kann das Netz im derzeitigen Zustand diese zusätzlichen Kapazitäten nicht bewältigen.“

Die zweite Ursache für die Schwierigkeiten der Bahn sieht der Verkehrsminister in den Wetterverhältnissen: „Die ersten Wochen der EM waren geprägt von Starkregen und den anhaltenden Folgen der Überschwemmungen im Süden. Für solche Extremwetterlagen ist das Netz nicht ausgelegt, weil die Entwässerungssysteme diese Wassermassen nicht aufnehmen können“, so Wissing. Deshalb werde man bei der am Montag beginnenden Generalsanierung der Hochleistungskorridore auch Entwässerungsanlagen verbessern. „Die Infrastruktur wird also nicht nur moderner, sondern auch resilienter gegenüber klimawandelbedingten Extremwetterlagen“, sagte der Minister.

Wissing ergänzte, dass die geplante Generalsanierung von insgesamt 41 vielbefahrenen Bahnstrecken bis 2031 fest eingeplant sei, auch wenn die Finanzierung noch nicht gesichert ist. „Das Paket ist gesetzlich vereinbart“, sagte er. Das Bundesverfassungsgericht habe aber nun mal entschieden, dass die Haushaltsentscheidungen „strikt dem Jährlichkeitsprinzip unterliegen“. Man müsse daher jedes Jahr aufs Neue darlegen, wie viele Mittel man für die im kommenden Jahr anstehenden Arbeiten brauche. „Das macht die Planung solcher Großprojekte nicht einfacher, weil die Bauindustrie langfristige Planungssicherheit braucht, um Baukapazitäten aufbauen zu können“, gab Wissing zu. „Darum kämpfe ich nicht nur für den jeweils kommenden Haushalt, sondern auch darum, dass die Mittelfristplanung diese Sicherheit widerspiegelt.“

Er denke aber auch darüber nach, wie sich die Finanzierung dauerhaft absichern lasse. „Wegen des Investitionsstaus in Deutschland – den ich vorgefunden und nicht verursacht habe – müssen wir auch fragen, wie wir die Infrastrukturinvestitionen verstetigen können“, sagte Wissing. „Wir müssen aber parallel noch einen Krieg ertragen, den Russland über die Ukraine gebracht hat, und werden mit immer neuen Stresssituationen in der Haushaltspolitik konfrontiert.“

Wissing kündigte zudem an, das derzeitige System der Trassenpreise, einer Art Schienenmaut für alle Züge, überprüfen zu wollen. Gestiegene Kosten und die Erhöhung des Eigenkapitals der Bahn würden in den kommenden Jahren zu einem massiven Anstieg der Trassenpreise und damit womöglich deutlich teureren Bahntickets führen. „Wir schauen uns die Entwicklung der Trassenpreise genau an“, sagte der Verkehrsminister. „Die aktuell geltenden Regelungen können keine dauerhafte Lösung sein. Perspektivisch werden wir nicht umhinkommen, das zu modifizieren.“ Dennoch müsse auch die dem Gemeinwohl verpflichtete Infrastruktur-Tochtergesellschaft der Deutschen Bahn, InfraGo AG, Geld erwirtschaften, da sie sonst die Infrastruktur nicht instand halten könne. „Gleichwohl: Wir schauen uns die aktuellen Effekte sehr genau an“, sagte Wissing. „Und dort, wo wir eine nicht sachgerechte Erhöhung der Trassenpreise vermeiden können, werden wir Verbesserungen vorschlagen.“




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