Wie jedes Jahr stand Irma wieder einmal vor der Frage, was soll an Weihnachten aufgetischt werden? Als die Kinder noch klein waren, war das weniger ein Problem. Doch nun mit drei erwachsenen Kindern, sollte man auch auf deren Geschmack und Wünsche eingehen. Obwohl, wenn sie an die letzten Jahre dachte, sie konnte es nie allen recht machen.
Der jüngste Sohn und ihr Mann waren sich einig: Heilig Abend Heringssalat, erster Feiertag Gänsebraten mit Rotkohl und Klößen, am zweiter Feiertag Lende im Teigmantel mit Kartoffelsalat. Zwei die konform gingen, doch der Älteste war der Meinung, Heilig Abend sollte mit Käsefondue beginnen, während die Tochter sich Sushi wünschte. Am ersten Feiertag tendierten die Beiden zu gefüllter Kalbsbrust mit Serviettenknödeln und Pekingente. Für den zweiten Feiertag wurde Cordon Bleu mit Kartoffelkroketten und Tafelspitz mit Meerrettichsauce vorgeschlagen, wobei aber noch auf die vegane Freundin des Ältesten Rücksicht genommen werden musste. Wie konnte man nun diese unterschiedlichen Vorstellungen unter einen Hut bzw. in einen Topf bringen? Sie selbst wünschte sich im Grunde eines: nicht den ganzen Tag in der Küche verbringen zu müssen!
Eine demokratische Abstimmung musste her. Jeder durfte ein Minus vergeben. Das Ergebnis daraus strich Sushi an Heilig Abend von der Liste. Für den ersten Feiertag wurde die Pekingente gestrichen. Am zweiten Feiertag war Tafelspitz der Verlierer.
Blieben also noch zwei Gerichte pro Tag übrig. In einer weiteren Abstimmung konnten sich ihre Lieben nicht einigen. Jedes Gericht wurde mit zwei Minuspunkten versehen. So beschloss Irma ganz demokratisch ihre Stimme mit in die Waagschale zu werfen und damit das Zünglein auf der Waage zu spielen. Sie stimmte für Käsefondue an Heilig Abend, Gänsebraten am ersten Feiertag und gefüllte Kalbsbrust für den zweiten Feiertag. Im Grunde hätte sie also auch von vornherein entscheiden können, was aufgetischt wird.
Als sie nun Mitte Dezember in einem Reiseprospekt blätterte, entdeckte sie ein sehr verlockendes Angebot: Wellness über Weihnachten in einem Hotel mit ansprechendem Ambiente. Das wäre eine Lösung, die ihr gefallen könnte. Ihr Mann war dem nicht abgeneigt, hatte er doch noch kein Weihnachtsgeschenk für sie erstanden. Außerdem war er der Meinung, dass die Kinder alt genug wären, um ihre Vorstellungen von Weihnachten und Weihnachtsessen selbst verwirklichen könnten. Er selbst könnte dann abwechslungsweise dorthin gehen, wo es das ihm am ehesten zusagende Gericht gab!
So beschlossen sie, dass Irma als Präsent den Wellnessurlaub bekommen sollte und sich über die Feiertage richtig verwöhnen lassen konnte und nicht wie bisher den halben Tag in der Küche verbringen musste, um dann doch bei Tisch die Kritik ihrer Kinder vorgehalten bekam.
Gesagt, getan! Irma verbrachte entspannte Tage und kam nach Weihnachten zufrieden und ausgeruht zurück. So konnte sie die nun anstehenden Wünsche für Sylvester und Neujahr entgegen nehmen. Wobei ihr durch den Kopf schoss, dass das Wellnesshotel auch von Weihnachten bis Neujahr ein Angebot im Programm hatte… nun ja, nächstes Jahr hatte sie ja auch einen Weihnachtwunsch frei und wer kann schon wissen, wie der ausfallen würde?