Das nächste Totalversagen dieser Bundesregierung

Sind wir eigentlich im falschen Film? Durch zögerliches Handeln von Außen- und Verteidigungsministerium scheint die Lage für Helfer der Bundeswehr in Afghanistan aussichtslos. Es ist das nächste Totalversagen der amtierenden Regierung. Ein Kommentar.

Ja, ich bin wütend. Dies ist normalerweise ein schlechter Zeitpunkt, einen Kommentar zu schreiben. Doch meine Wut wird seit drei Tagen nicht weniger. Entschuldigen Sie mir daher vielleicht auch den einen oder anderen überspitzten Punkt.

Die US-Armee evakuierte bereits seit Tagen ihre Botschaft und flog US-Einwohner und Helfer außer Landes. Zu diesem Zeitpunkt weilten offenbar Heiko Maas (SPD) als Bundesaußenminister und Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) als Verteidigungsministerin im Tiefschlaf.

Selbst der Vize-Botschafter in Kabul warnte bereits seit längerem – Reaktion: Offenbar keine.

Jetzt muss die Bundeswehr, die, wenn man Medienberichten glauben kann, bereits seit Freitagabend Abflugbereit auf den Marschbefehl warteten (der dann am Montagmorgen kam), unter Einsatz ihres Lebens und unter Mithilfe der US-Armee versuchen, deutsche Staatsbürger und Afghanen, die 20 Jahre an der Seite der Bundeswehr arbeiteten, zu retten. Man spricht von ca. 10.000 Menschen insgesamt.

Wie schwierig diese Maßnahme offenbar ist, zeigt sich daran, dass die besten Soldaten der Bundeswehr mitgeschickt werden: Kommando-Spezial-Kräfte (KSK) und Fallschirmjäger mit Zusatzausbildung. Außerdem sollen sie mit dem US-Militär gemeinsam Zugriff auf unbemannte Drohnen haben, die im Falle eines Angriffs der Taliban innerhalb weniger Minuten Luftschläge verüben können.

Man muss ehrlich sein: Die US-Armee hat mehr als 50 deutsche Botschafter und Mitarbeiter ausgeflogen, da standen die deutschen Maschinen noch auf den Rollfeldern und die Politiker lagen offenbar im Bett. Dies kann man nun solidarisch nennen, doch Fakt ist: Ohne die US-Armee wäre die Lage noch prekärer.

Und was macht die Bundeskanzlerin? Sie wartet einige Tage ab, um dann Worte wie „Bitter, dramatisch, furchtbar“ in die Kameras zu sprechen – in ihrer gewohnt stoischen, fast schon gelangweilt und desinteressierten Art, die uns seit 16 Jahren begleitet.

Man muss sagen: Das nicht reagieren der beiden Bundesministerien über mehrere Tage ist das nächste Totalversagen dieser Bundesregierung. Eines von vielen.

Das Entsetzen in der Bevölkerung, aber auch in der Politik ist groß. Wie konnte es sein, dass die Taliban, eine rund 70.000 Mann starke, unterbewaffnete und unausgebildete Truppe, innerhalb drei Wochen über die hochgezüchtete und hervorragend ausgebildete afghanische Armee aus 300.000 Soldaten, Luftwaffe, hochmodernen europäischen und amerikanischen Waffensystemen (unter anderem auch Apache Kampfhubschrauber, Humvees und Drohnen) hinwegfegen konnte? US-Präsident Joe Biden sagte, die afghanische Armee wäre nicht bereit gewesen, für ihre Freiheit zu kämpfen. Dies ist angesichts der Bilder unstrittig. 

Nun haben wir also eine hochgezüchtete Taliban-Gruppierung mit modernsten Waffensystemen. Wenn es nicht so traurig und ernst wäre, könnte man darüber lachen.

Was macht man nun damit? Lässt man den Taliban bewaffnete Drohnen? Ernsthaft?

Es ist also die Frage: Wie konnte die Bundesregierung, aber auch die US-Partner, die Lage in Afghanistan derart falsch einschätzen? Aus meiner Sicht ist es der seit vielen Jahren regierende Realitätsverlust in der Bundesregierung. Man möchte ja fast schon von „gottähnlichem“ Verhalten sprechen. Ernsthaft Fehler eingestehen und Konsequenzen ziehen ist für die Politik der heutigen Zeit unmöglich.

Ich denke an das hunderte-Millionen-Euro-Desaster des Andy Scheuer (CSU) mit seiner PKW-Maut. Ich denke an Ursula von der Leyen (CDU) zu Zeiten, als sie Verteidigungsministerin war und einzig durch Berater-Deals über hunderte Millionen Euro auffiel. 

Ich denke an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), die ganzen Masken-Raffkes (überwiegend CDU und CSU), ich denke an WireCard und Olaf Scholz (SPD)… Diese Liste ließe sich weiter ergänzen. 

Aber ich denke auch an die miserabel umgesetzten Atom-Ausstiege zu Lasten der Steuerzahler, die grundsätzlich katastrophale Digitalisierung, die vor sich hin marodierende Infrastruktur, das immer noch insbesondere in ländlicher Gegen katastrophale Telefonnetz, die Deutsche Bahn, die außer Verlusten nicht mal pünktlich 20 Kilometer überbrücken kann und auch das hoffnungslos veraltete und schlechte Bildungssystem.

Von der Flüchtlingskrise 2015 und der durchaus fragwürdigen Corona-Politik inklusive der gesamten Selbstbedienung von Großkonzernen ohne Folgen (Stichwort Dividendenerhöhung bei den großen Autobauern aus Deutschland, die über Kurzarbeit massiv Gewinne einfahren konnten) möchte ich gar nicht beginnen, hierzu folgen eigene Kommentare.

Ja man kann sagen: Unserer Regierung fehlt es an jeglicher Selbstkritik und Selbstreflexion. Berlin war und ist seit Jahren betriebsblind. 20 Jahre Bundeswehr in Afghanistan – in drei Wochen ausgelöscht. Milliarden Steuergelder und rund 60 tote deutsche Soldaten – umsonst.

Doch selbst jetzt ist Angela Merkel der Meinung, es sei nicht alles umsonst gewesen. Es gab über Jahre Widerspruch außerhalb der Politik. Medien haben oft genug Finger in Wunden gelegt, dies wurde immer abgebügelt und weggeblockt. Berlin überschätzte ihre Arbeit in Afghanistan massiv und unterschätzte die Fähigkeiten der Taliban. Von den 20 Jahren Bundeswehr in Afghanistan hat Angela Merkel sechszehn Jahre begleitet. Doch es war nicht wahr, was nicht wahr sein durfte. Es durfte und darf nicht alles umsonst gewesen sein.

Doch genau das war es. Und noch heute spricht die Bundesregierung mit Stolz davon, dass man ja Brunnen gebaut hätte, Mädchenschulen errichtet habe und die Zivilgesellschaft aufgebaut habe. Doch was nutzen Mädchenschulen, wenn sie nicht mehr besucht werden dürfen? Es herrscht das Steinzeit-Gesetz der Sharia. Es herrscht Unterdrückung und es herrscht Angst. 

Am Montagabend reduzierte Merkel den Erfolg des teuersten, langwierigsten und verlustreichsten Bundeswehreinsatzes darauf, dass Al-Kaida in seiner damaligen Form nicht mehr in Afghanistan operiert. Dass nun neue, vielleicht sogar noch größere Gefahr vom Hindukusch ausgehen könnte, sieht die scheidende Kanzlerin nicht. Auch die drohende Flüchtlingswelle auf Europa scheint niemanden ernsthaft zu beunruhigen. 

Die Bundesregierung hat die Bevölkerung über Jahre hinweg getäuscht. Der Einsatz war nicht erfolgreich. Man ist gescheitert. Deutschland, die USA, Der Westen. 

Dies gilt es nun einzugestehen und ernsthaft aufzuarbeiten und nicht nur über schöne Medienworte zu verpacken.

Und vor allem sollte die neue Regierung ernsthafte Vorkehrungen treffen, dass sich ein 2015 nicht wiederholt. Beginnen könnte man zum Beispiel mit dem Novellieren des Asylrechts. Dies wäre zwingend notwendig. Denn gerade das „zuvorkommende“ deutsche Asylrecht stellt unsere EU-Partner, die diesen Weg nicht so sehr schätzen, regelmäßig vor Probleme. 

Es gibt viel zu tun für die neue Regierung. Die Frage ist, kann sie es überhaupt schaffen? Denn in den letzten 40 Jahren gab es genau zwei Kanzlerstellende Parteien: CDU/CSU mit 2x je 16 Jahren Kohl / Merkel und SPD mit 8 Jahren Schröder.

Somit gehen die heutigen Missstände ausschließlich mit diesen beiden Parteien nach Hause. Ein gutes Zeugnis kann man unserer Politik also nicht ausstellen.



Bildquellen

  • Kolumne: Regio-Journal

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