Ja die Abstimmung fiel am Ende extrem knapp zugunsten von Dr. Carolin Lehberger, der Kandidation der SPD-Saarbrücken-Land aus. Sie setzte sich aber gegen die Wahlkampferprobte und von vielen SPD-Granden gepushte Bewerberin der SPD-Saarbrücken-Stadt, Josephine Ortleb, durch.
Ortleb, die erfahrene Wahlkämpferin, setzte sich in Polit-Duellen gegen Annegret Kramp-Karrenbauer durch, wollte zweimal in den Bundestag – und kam auch nach Berlin und vereint am Ende auch die Saar-SPD-Granden um Landtagsfraktionschef Commercon hinter sich.
Ihre erste, bittere Niederlage muss Sie nun ausgerechnet von einer SPD-Kollegin ohne Wahlkampf-Erfahrung einstecken.
Wie es dazu kommen konnte? Nun, die Frage ist schwierig zu beantworten. Doch intern scheint gerade der Druck aus dem Flügel der SPD Saarbrücken-Stadt sehr hoch gewesen zu sein. Es soll Anrufe bei Delegierten gegeben haben, um Stimmen für Ortleb einzusammeln. Es wurde ein mehrminütiges Video an alle Wahlberechtigten gesendet. Möglichkeiten, die Lehberger in dieser Intensität nicht hatte.
Ortleb vereint ein ganzes Wahlkampfteam hinter sich, Lehberger kämpft alleine. Und dann gibt es da noch den durchaus mächtigen Landtagsfraktionsvorsitzenden Ulrich Commercon, der, so heißt es, wochenlang intensiv versuchte, Mehrheiten für Ortleb zu organisieren – ohne Erfolg, wie man nun sieht.
Selbst Kampagnen in der Saarbrücker Zeitung wurden gegen Lehberger angestimmt, ich erinnere hier an die „Passbild-Affäre“.
Am Ende setzte sich die „Praktikerin“ gegen das vielleicht auch zu arrogant agierende „Politikerteam“ durch.
Der Kreisverband Saarbrücken-Land ist durchaus mächtig, aber nicht so offenkundig wie die Parteikollegen aus Saarbrücken-Stadt. Die besten Wahlergebnisse im Saarland fährt häufig der Kreis „Saarbrücken-Land“ ein.
Für mich hat sich die richtige Person parteiintern durchgesetzt. Ortleb ist Berufspolitikerin, wollte unbedingt nach Berlin, jetzt, mit Familie und Kind zieht es sie wieder in die Heimat – ein mit 10.000 Euro dotierter Regionalverbandsdirektorenplatz wäre hier sicherlich „nett“ gewesen. Ob Ortleb den Posten jedoch ausfüllen und vor allem auch zukunftsfähig machen könnte, erscheint mir fraglich.
Denn welche Erfahrung im praktischen Bereich bringt die Ortleb mit? Sie schwimmt im großen Teich der Bundespolitik mit, ist dort gut vernetzt. Am Ende stimmt Sie im Verbund mit den Parteikollegen ab. Ihr Netzwerk in Berlin kann und wird für das Saarland durchaus wichtig sein.
Dennoch: Es fehlt an Praxis- und Führungserfahrung. Anders bei Lehberger: Sie modernisiert derzeit die VHS Saarbrücken, trifft Entscheidungen und führt Mitarbeiter – außerdem hat sie Einblick in das Lokalgeschehen. Unabdingbar für den Posten der Regionalverbandsdirektorin.
Der viel besungenen Bürgernähe Ortlebs steht auch eine Carolin Lehberger nicht nach. Es hakt vor allem an der Vermarktung ihrer Person. Schafft sie es, diesen Punkt umzusetzen und eine zukunftsgerichtete Konzeption für den Regionalverband aufzustellen, hat sie gute Chancen, sich gegen Ralph Schmidt (CDU) und Anne Lahoda (Grüne) im Kampf um das Schloss durchzusetzen.
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