Vor einigen Wochen ließ Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck aufhorchen, als er dem gemeinen Bürger erklärte, man solle doch einfach kürzer duschen, um Energie zu sparen. Oder den alten Duschkopf gegen einen neuen, sparsameren austauschen.
Ach und dann gab es ja noch solch glorreiche Tipps wie die Gefriertruhe abzutauen und „Stoßlüften statt Dauerlüften“ zu betreiben.
Und natürlich: Im Winter heizt doch mal alle nicht wie von Sinnen – und wenn ihr lüftet, dreht den Heizkörper runter.
Mittlerweile sind natürlich auch die Landesregierungen auf diesen Zug aufgesprungen und auch Großstädte und noch so kleine 10.000-Seelen-Gemeinden beginnen, Energie zu sparen.
Doch man mag sich eigentlich wundern. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, sicherlich gibt es Menschen, den war es bisher egal, ob man „auf die Straße heizt“ oder nicht. Aber glaubt die Politik ernsthaft, dass dies durch ihren Aufruf nun anders sein wird?
Ich persönlich kenne niemanden, der im Winter die Heizung voll aufdreht und dabei die Fenster kippt. Doch: Mitarbeiter (ob Beamte oder nicht) in öffentlichen Einrichtungen. Dort wird auch mal Freitags mittags nach Feierabend für das Wochenende durchgeheizt, sodass montags morgens erst einmal gelüftet werden muss.
Waren Sie schon einmal im Herbst / Winter in einem Rathaus? Da könnte man schon einmal fragen, ob man eigentlich noch im Rathaus ist oder schon in der Sauna.
Dann fragt man sich wirklich, ob die Politik der Meinung ist, dass sich das „gemeine Bürgertum“, die Mittelschicht oder auch die immer größer werdende „finanzielle Unterschicht“ leisten kann, das Geld im Bereich der Energie mit vollen Händen rauszuwerfen.
Die meisten Menschen, die einen 25 Jahre alten Kühlschrank betreiben, können sich schlicht keinen sparsamen neuen leisten. Jemand der einen 20 Jahre alten PKW fährt, hat selten das Geld, sich für 50.000 Euro einen zeitgemäßen Elektrowagen zu kaufen.
Und jemand, der in einem unsanierten Altbau ohne PV-Anlage wohnt, hat selten 50.000 Euro, um sich ein neues Dach samt Solaranlage zu installieren, geschweige noch einmal 20.000 Euro für eine Wärmedämmung.
Stattdessen gründet die Politik neue Ausschüsse, in denen über Energiesicherheit gesprochen wird. Dies mag vielleicht bei Millionenstädten angemessen sein, aber in einer 15.000 Seelen-Gemeinde wie Sulzbach? Wie möchte man dort denn die Energiesicherheit herstellen? Mit eigenen Gastransporten aus Russland? Oder mit einem selbst geplanten und durchgeführten Stromimport, den man dann bestenfalls noch in der Ukraine abschließt?
Nein! Man überlegt, wie man es schafft, Energie zu sparen. Einer der Pläne sieht vor, das erst vor sechs Monaten wiedereröffnete Hallenbad auf unbestimmte Zeit zu schließen. Perfekt. Erst wurde es coronabedingt geschlossen, jetzt energiebedingt. Wie der kleine Timmy und die kleine Kerstin nun schwimmen lernen sollen? Pah! Egal. Wie Rosamunde ihr Rheuma mit schwimmen bekämpfen soll? Ist doch dem Rathaus egal! Die Steuern, mit denen das Bad betrieben wird, werden aber weiterhin in gleicher Höhe geltend gemacht.
Oder wie jetzt in Friedrichsthal: Da wird mal eben die Beleuchtung der Sandsteinwand am Abend abgeschaltet, oder das Stadtwappen am Rathaus, welches für tausende Euro vor zwei Jahren auf LED-Technik umgerüstet wurde.
Sind wir ehrlich: Das Einsparpotenzial hierfür ist minimal. Man müsste sich vielmehr die Frage stellen, weshalb z.B. die beiden genannten Beleuchtungen „so lange“ in Betrieb sind. Reicht es nicht, während der Dämmerung für zwei Stunden abends? Muss die ganze Nacht das Stadtwappen leuchten?
Und: Sollte es nicht so sein, dass die besagten Installationen die gesamte Nacht erstrahlen, sondern nur einige Stunden, ist eine solche jetzt verkündete „Sparmaßnahme“ einfach nur Augenwischerei.
Über sinnvolle Maßnahmen zu sprechen, wie z.B. die Reduktion von Temperaturen in Büros um ein, zwei Grad oder die Senkung der Wassertemperatur, halte ich für absolut plausibel.
Blinder Aktionismus, um ein bisschen mediales TamTam zu generieren hingegen halte ich für unnötig.
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- Kolumne: Regio-Journal