Der Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion in der Deutsch-Türkischen Parlamentariergruppe, Macit Karaahmetoglu, erwartet, dass die Kommunalwahl in der Türkei das „Ende der Ära Erdogan“ einleiten wird. „Erdogan droht mit dieser Wahl ein schmachvolles politisches Ende“, sagte Karaahmetoglu nach der Wahl am Sonntag.
So stelle Yeniden Refah, die „Neue Wohlfahrtspartei“, in der konservativen Stadt Urfa künftig den Bürgermeister und drohe die regierende AKP als führende konservative Kraft im Land abzulösen. „Erdogan wird nun massiver Kritik auch aus den eigenen Reihen ausgesetzt sein“, glaubt der SPD-Politiker. „Sich so weiter an der Macht zu halten, könnte selbst für ihn, der bislang große Teile der Medien und des Staatsapparates kontrollierte, schwierig werden.“
„Erdogan hatte stets betont: `Wer Istanbul gewinnt, gewinnt die Türkei`. Heute hat er nicht nur Istanbul, dessen Rückeroberung er als persönliches Ziel auserkoren hatte, ein zweites Mal verloren, sondern die gesamte Türkei“, so Karaahmetoglu. Sein Rückhalt, auch in den ihm unterstellten Behörden des Landes, werde nun „rapide schwinden“. Erdogans größter Rivale Ekrem Imamoglu sei „der neue starke Mann in der Türkei“.
Laut inoffiziellen Zahlen, über die die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtet, war die AKP bei der Wahl am Sonntag nur zweitstärkste Kraft geworden. Wahlsieger ist stattdessen die sozialdemokratische CHP, die laut Anadolu nach Auszählung fast aller Stimmen auf 37,7 Prozent kam. Die AKP erreichte demnach 35,5 Prozent. Auch in den größten Städten des Landes setzte sich die CHP bei den Bürgermeisterwahlen durch – darunter in der Hauptstadt Ankara sowie in Istanbul.
Die Wahl galt im Vorfeld als wichtiger Stimmungstest für Präsident Erdogan inmitten der schweren Wirtschaftskrise. Erdogan hatte gehofft, Städte für seine AKP zurückzugewinnen, die sie vor fünf Jahren nach teils jahrzehntelanger Dominanz verloren hatte.